Wärme

Abwärme sinnvoll nutzen

Energetisch optimierte Warmwasserzentrale für „Früh Kölsch“

Freitag, 04.06.2021

Seit Sanierung der Warmwasserzentrale ihres Hotel- und Gastronomiebetriebs am Dom nutzt die Cölner Hofbräu P. Josef Früh KG eine „eXergiemaschine“ von varmeco. Sie macht es möglich, die Abwärme von Kälteanlagen effizient zu nutzen, statt die Wärme über Rückkühler an die Umgebung abzuführen. Die Lösung senkt so die Energiekosten und verringert die Geräuschbelastung für die Hotelgäste und die Nachbarschaft.

Foto: Das „Brauhaus Früh“ gegenüber dem Kölner Dom gehört zu den bekanntesten Lokalen der Stadt.
Quelle: Cölner Hofbräu P. Josef Früh KG
Das „Brauhaus Früh“ gegenüber dem Kölner Dom gehört zu den bekanntesten Lokalen der Millionenstadt.

Am Hof 12-18, gegenüber dem Kölner Dom, betreibt die Cölner Hofbräu P. Josef Früh KG ein Hotel mit 78 Zimmern, das größte Brauhaus der Stadt und bietet diverse Räumlichkeiten für Feiern und Tagungen. Als Traditionshaus im Herzen der Metropole genießt das „Früh am Dom“ großes Ansehen bei den Kölnern und ist beliebt bei Touristen oder Tagungsgästen. Um Warmwasser für die zahlreichen Verbraucher, wie die Duschen und Küchen, energieeffizienter bereitzustellen, beschloss die Firmenleitung im Jahr 2018, die Wärmetechnik sanieren zu lassen. Den Auftrag hierfür vergab sie an die ebenfalls in Köln ansässige Sanitherm Peter Schumacher GmbH.

Ein Ziel stand bei dem Projekt im Vordergrund: die Nutzung von Abwärme zugunsten eines geringeren Energieverbrauchs. Denn die für die Kühlzellen, Schankanlagen, Klimatechnik und weitere Verbraucher installierte Kältetechnik liefert bis zu 30 kW Wärmeleistung, die anderenfalls über dachaufgestellte Rückkühler an die Umgebungsluft abgeführt würde. Das wäre nicht nur eine Ressourcenverschwendung, sondern würde außerdem die Nachbarn oder die Hotelgäste stören, denn die Lüfter müssten auch nachts laufen.

Sanitherm-Geschäftsführer Martin Söll und sein Team entschlossen sich, die an sie gestellte Aufgabe anders zu lösen als üblich. Denn um die mit etwa 35 °C anfallende Abwärme auf ein Niveau von 70 °C oder mehr zu bringen, wären bisher meistens Nacherhitzer zum Einsatz gekommen. Aber Söll kannte eine Alternative: die „eXergiemaschine“ von varmeco. „Die »eXergiemaschine« ist eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe, die mit dem Ziel konstruiert wurde, die Temperaturschichtung in einem Wärmespeicher zu optimieren. Sie sorgt für eine hohe Vorlauf- und niedrige Rücklauftemperatur und das bei einem Temperaturhub und -niveau, wie wir es in der Heiz- und Wärmetechnik benötigen.“

Grafik: 3D-Schema der neuen Warmwasserzentrale - Die zwei kleineren Speicher sind Niedertemperatur-Puffer, der große dient den vier Durchlauferhitzern als Wärmelieferant.
Quelle: Sanitherm
3D-Schema der neuen Warmwasserzentrale: Die zwei kleineren Speicher sind Niedertemperatur-Puffer, der große wird mit bis zu 85 °C geladen und dient den vier Durchlauferhitzern als Wärmelieferant.

Wärmepumpe macht aus Abwärme Nutzwärme

Söll erkannte, dass die „eXergiemaschine“ nicht nur in der Warmwasserzirkulation, sondern auch bei der Nutzung von Niedertemperaturwärme gute Dienste leisten kann und schlug sie für die Sanierung bei Früh vor. Die Lösung erhöhte zwar die Projektkosten, aber sie spart ja Primärenergie ein, sodass sich die Mehrkosten innerhalb weniger Jahre bezahlt machen.

Sanitherm entwarf eine neue Warmwasserzentrale mit zwei Standard-Speichern (je 1.000 l) und einem vor Ort zusammengeschweißten Speicher mit 4.000 l Volumen sowie vier großen Frischwassererwärmern (Durchlauf-Erhitzer, je 60 l/min), die zu einer exergie-optimierten Kaskade geschaltet sind – und mit einer „eXergiemaschine“ für 30 kW Wärmeleistung. Diese systemwichtigen Komponenten kamen alle von der varmeco GmbH & Co. KG, Kaufbeuren. Der große Puffer ist als Hochtemperaturspeicher (HT) geplant und dementsprechend sind an ihm die Verbraucher angeschlossen. Die kleineren sind als Niedertemperaturspeicher (NT) vorgesehen und nehmen die Abwärme der Kälteanlagen auf.

Foto: „eXergiemaschine“ von varmeco macht im „Früh am Dom“ die Abwärme der Kälteanlagen für die Warmwasserbereitung nutzbar.
Quelle: varmeco
Macht im „Früh am Dom“ die Abwärme der Kälteanlagen für die Warmwasserbereitung nutzbar: Die „eXergiemaschine“ von varmeco.
Schema der Warmwasserzentrale: Oben der Hochtemperaturspeicher, der von der Fernwärmestation und der „eXergiemaschine“ beladen wird und Warmwasser mit einer Kaskade von Frischwassererwärmern erzeugt. Unten die zwei Niedertemperaturspeicher, die die Abwärme der Kältekompressoren aufnehmen.
Quelle: varmeco
Das Schema der Warmwasserzentrale erklärt das Zusammenspiel der Komponenten: Oben der Hochtemperaturspeicher, der von der Fernwärmestation und der „eXergiemaschine“ beladen wird und Warmwasser mit einer Kaskade von Frischwassererwärmern erzeugt. Unten die zwei Niedertemperaturspeicher, die die Abwärme der Kältekompressoren aufnehmen.

„eXergiemaschine“ hebt Temperatur auf 70 °C

Die Wärme liefern zwei Quellen: Fernwärme und Abwärme. Die Fernwärme speist mit etwa 85 °C in den oberen Bereich des Hochtemperaturspeichers. Die Verdichterabwärme aus den Kälteanlagen gelangt mit 35 bis 40 °C in die beiden parallel geschalteten Niedertemperaturspeicher. Die „eXergiemaschine“ ist sozusagen das Bindeglied zwischen dem HT- und NT-Speicher. Die warme Seite der „eXergiemaschine“ – der Kondensator – arbeitet auf den HT-Speicher. Hier wird Wasser auf dem untersten Speicherniveau entnommen, vom Kondensator erhitzt und im mittleren Drittel des HT-Wärmepuffers eingespeist.

Der Verdampfer der „eXergiemaschine“ ist dem NT-Speicherverbund zugeordnet. Hier wird das Wasser aus dem oberen Speicherbereich bei etwa 35 °C entnommen, um einige Kelvin gekühlt und unten im NT-Speicher wieder zugeführt. Dadurch senkt die Wasser/Wasser-Wärmepumpe die Rücklauftemperatur zur Kälteanlage. „Die »eXergiemaschine« hilft also, Fernwärmeenergie zu sparen und steigert aufgrund des niedrigen Rücklaufs gleichzeitig den Wirkungsgrad der Kältetechnik“, erklärt Söll den Doppelnutzen.

Rein technisch war das Problem durch diese Planung zwar gelöst, die Umsetzung stellte Sanitherm allerdings vor weitere Herausforderungen, wie Söll berichtet. „Im Früh ist rund um die Uhr viel los. In den Morgenstunden benötigt das Hotel viel Warmwasser, ab Mittag die Gastronomie – und das bis in die späten Abendstunden. Es vergeht kaum eine Stunde, zu der nicht einige der 17 Spülmaschinen laufen oder in der Großküche Warmwasser gezapft wird. Somit ist der Wärmebedarf auch in den Sommermonaten auf einem fast durchgehend hohen Niveau.“ Nur zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens sei der Bedarf sehr gering, so Söll.

Der Umbau musste daher sorgfältig geplant werden, zumal die Technikräume im Keller wenig Platz bieten. Der Abbau der acht liegend angeordneten alten 1000-l-Speicher zum Beispiel geschah wegen der Enge in einer ungewöhnlichen Reihenfolge: Die obersten zwei Speicher wurden angehoben, um die mittleren demontieren und zerlegen zu können. Dann senkte das Team die oberen beiden Speicher ab und baute sie ab, abschließend fand die Demontage und Zerlegung des unteren Behältertrios statt.

Rund 19 Mannwochen Arbeit

Zudem musste Sanitherm die Versorgung während des Umbaus sichern. Dazu schloss das Team eine mobile Lösung an den Bestands-Wärmeübertrager an, die übergangsweise bis zu 190 l/min Warmwasser liefern konnte. So ließ sich Versorgungsengpässen vorbeugen. „Natürlich mussten wir die Anlage zweimal abschalten – einmal zum Anschluss der mobilen Versorgung und einmal zur Inbetriebnahme der neuen Technik. Das geschah jeweils nach Mitternacht innerhalb eines Zeitfensters von vier bis fünf Stunden“, erinnert sich der Geschäftsführer. Er berichtet von weiteren Besonderheiten: „Wir haben unter anderem eine provisorische Entlüftung geschaffen, weil das Arbeiten sonst wegen der warmen Raumluft kaum möglich gewesen wäre.“ Erwähnenswert sei auch, dass ein Zwischenlagern der ein- und auszubauenden Komponenten im Technik-Keller nicht möglich war. „Wir mussten daher genau aufpassen, was in welcher Reihenfolge in den Fluren bereitgestellt werden musste, um uns den Zugang zum Material nicht zu versperren und die Transportwege zu optimieren.“

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Mitarbeiter von Sanitherm in Tag- und Nachtarbeit über 700 Stunden auf das Projekt verwendet haben. Doch wie heißt es? Was lange währt, wird endlich gut. Die Sanierungsarbeiten kamen im Sommer 2019 zum Abschluss. Seitdem arbeitet die Wärmezentrale problemlos und zur vollen Zufriedenheit des Auftraggebers. Auch die „eXergiemaschine“ läuft sauber.

Fernüberwachung erleichtert Korrekturen

Die „eXergiemaschine“ lässt sich via Internet aus der Ferne überwachen. So ist es leicht möglich, die Temperaturen und Einsatzzeiten sowie die Pumpleistung zu beobachten, was vor allem in den ersten Wochen eine große Hilfe war. „Wir haben am Anfang zusammen mit varmeco die Parameter der »eXergiemaschine« optimiert, um das Maximum aus der Abwärme herauszuholen“, betont Söll. Jetzt macht die Wärmepumpe im Durchschnitt eine aus Abwärme bereitgestellte Wärmeleistung von 22 kW verfügbar, benötigt selbst aber im Schnitt nur etwa 4 kW Strom. Das ist sowohl hinsichtlich der Energiekosten als auch in Bezug auf die CO2-Bilanz deutlich besser, als die 22 kW über Fernwärme bereitzustellen und die Abwärme der Kälteverdichter über das Dach abzuführen. Und nicht zu vergessen: Leiser ist es auch!

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