Erneuerbare Energien

50 Jahre Wärmepumpe für den Wohnungsbau

Dienstag, 11.12.2018

Genau 50 Jahre ist es her, ein halbes Jahrhundert, als die Wärmepumpe in den Wohnungsbau einzog.

Für die Entwicklung und Realisierung der ersten Systemlösung dieser Art steht der Name Klemens Oskar Waterkotte. Er installierte 1968 eine von ihm entworfene Maschine erstmals in einem fußbodenbeheizten Wohnhaus. Bei der Waterkotte GmbH in Herne gedachte man Ende September 2018 dieser Pionierleistung.

Eine goldene 50 auf rotem Grund.
Quelle: Magda Ehlers / https://www.pexels.com/
Die erste Wärmepumpe in einem fußbodenbeheizten Wohnhaus wurde 1968 von Klemens Oskar Waterkotte installiert.

Der Begriff "Wärmepumpe" war in den 1960er-Jahren noch weitgehend unbekannt. Die wenigen Fachleute, die sich mit dem Prinzip auskannten, hielten es für kaum möglich, damit ein Gebäude zu beheizen – verständlich beim damaligen Stand der Technik mit Temperaturen von 90 °C im Heizungsvorlauf.

In einem früheren Interview schilderte Klemens Oskar Waterkotte, wie er sich an den Wohnungsbau heranwagte. "Die zündende Idee für die Heizung mit erneuerbarer, kostenloser Energie hatte ich in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre als Vertriebsingenieur für Großkälteanlagen bei Brown, Boveri & Cie. (BBC) in einem Projekt im Rahmen des Baus der U-Bahn zu den Olympischen Sommerspielen 1972 in München. Es ging um das Baulos »Karlsplatz«, wo hunderte sogenannter Primärstützen als Tragwerk für das gigantische Bauwerk zu erstellen waren. Entsprechend dem angetroffenen schwierigen Baugrund wurde dafür das aus dem Bergbau bekannte »Gefrierabteufen« favorisiert. Bei diesem Verfahren nutzt man die hohe Festigkeit gefrorener Erde. Zum Abstützen von Baugruben wird deshalb der Boden mittels Kälte verfestigt. Zu diesem Zweck werden Gefrierrohre in das Erdreich gerammt. BBC erhielt den Auftrag zur Lieferung von zwei ungewöhnlichen Ammoniak-Kälteanlagen: Zweistufiger Kälteprozess, Solekühlung auf -24 °C, Kälteleistung je 240 kW, montiert auf LKW-Sattelaufleger. Beim Einsatz in München war ich vom Ausmaß der Energiemenge, die das Erdreich freisetzt, derart beeindruckt, dass ich mir sagte, es muss doch möglich sein, mein zukünftiges, in Planung befindliches Haus mit Erdwärme zu beheizen."

Klemens Oskar Waterkotte mit einer Wärmepumpe.
Quelle: Bernd Genath
Klemens Oskar Waterkotte, der heute in der Schweiz lebt, betrat 1968 mit der Wärmepumpe im Wohnungsbau Neuland. Stand heute: Bei den 2017 genehmigten Wohngebäuden sind Wärmepumpen, laut Bundesverband Wärmepumpe, mit einem Anteil von 43 Prozent erstmals das beliebteste Heizungssystem.

Problem war die Wärmeübergabe

Zur Dimensionierung der Wärmequellenanlage, also zur Dimensionierung des Flächenkollektors, stand genügend Literatur zur Verfügung. Den Jahresverlauf der Erdreichtemperaturen im Untergrund ermittelte Waterkotte durch Messung und Aufzeichnung der Wassereintrittstemperatur am Hausanschluss. Die Erstellung des angepassten Wärmepumpenaggregats für sein Wohnhaus war für den Kälteingenieur überwiegend eine Routinesache.

Anders sah es mit der Wärmeübergabe aus: "Die Entwicklung einer Lösung für die Wärmeübertragung an die Räume auf einem ausreichend niedrigen Temperaturniveau bei vertretbaren Erstellungskosten war die weitaus größte Herausforderung. Die Hochtemperatur-Radiatoren kamen nicht in Betracht und Gebläsekonvektoren für Vorlauftemperaturen von 45 °C gingen zu sehr in die Kosten. Kunststoffrohre redete man mir aus, weil die Längenausdehnung nicht in den Griff zu bekommen sei. Den Bodenschlangen sei wegen des unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zum Beton nur eine kurze Lebensdauer beschert." Waterkotte dagegen vertrat die Theorie, dass die thermisch bedingte Längenausdehnung im elastischen Bereich aufgefangen werden könnte. Die Praxis bestätigte diese Annahme.

Trotzdem trat die Wärmepumpe vorerst nicht ihren Siegeszug an. Andreas Jung, Technischer Leiter der Waterkotte GmbH, begründete den Rückfall nach einem kurzen Hoch genau mit diesem Aufstieg im Zuge der Energiekrisen Ende der 1970er-Jahre: "Die Brennstoffkosten kletterten, die Sorge, dass die Scheichs dauerhaft die Ölhähne drosselten oder gar ganz zudrehten, löste Ängste aus. Viele Bauherren schwenkten deshalb von Öl und Gas auf diese Technologie um. Bei uns im Werk betrug die Lieferzeit ein Jahr. Allerdings schossen auch Wettbewerber wie Pilze aus dem Boden. »Es gibt mehr Wärmepumpenanbieter als Fachleute«, hatte Klemens Waterkotte damals kopfschüttelnd festgestellt. Diese Flut ebbte relativ rasch wieder ab, aber der Dilettantismus hatte dem Renommee geschadet. Der Verkauf nach der Devise »Kessel raus, Wärmepumpe rein« konnte ja nicht gutgehen, nicht im Bestand mit ungedämmten Häusern und Vorlauftemperaturen von 70, 80 und 90 °C. Die Reklamationen überhäuften sich."

Blick in die Vergangenheit

Das Unternehmen Waterkotte überwand diese Klippe, etablierte sich in Herne und "baute hier etwas auf, das zukunftsgerichteter nicht geht. Diese Zukunft ging von Herne nach Deutschland und in die ganze Welt", wie Hernes Oberbürgermeister, Frank Dudda, auf der 50-Jahre-Feier im Waterkotte-Werk in Herne am 28. September 2018, nicht ohne Stolz auf seine Stadt, das Unternehmen auch für seine Standorttreue lobte.

Ein Mann hält vor Publikum eine Rede.
Quelle: Bernd Genath
50-Jahre-Feier in Herne. Am Rednerpult: Hernes Oberbürgermeister, Frank Dudda.

Die Geschichte der Wärmepumpe begann schon über 100 Jahre früher. Paul Waning, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. und ehedem Vorstand der Lechwerke AG, zählte in seiner Ansprache einige Wegpunkte auf: 1855 installierte die Saline Ebensee in Österreich erstmals eine Soleverdampfung auf Basis einer Wärmepumpe. 1912 erhielt der Schweizer Ingenieur Heinrich Zoelly das Patent für eine elektrisch angetriebene geothermische Wärmepumpe und ab 1938 waren der Fluss Limmat und eine 100-kW-Wärmepumpe für die Raumtemperaturen im Rathaus Zürich zuständig. 1968 kam dann die Waterkotte-Wärmepumpe zur Wohnraumbeheizung.

Kostengünstig: "Kalte Nahwärme"

Waterkotte beschäftigt heute rund 90 Mitarbeiter. Die Bandbreite an Aggregaten hat sich erheblich vergrößert: Von der "Ai1" – "All in one" – mit einer Heizleistung ab rund 1 kW bis hinauf zur "Goliath", eine Erdwärme-Maschine für Leistungen, je nach Typ, bis 1.000 kW. Besonders gut kommt, laut Andreas Jung, bei den Architekten und bei den Wohnungsbaugesellschaften das Modell "EcoTouch Ai1 Geo" an. Dabei handelt es sich um eine pro Wohnung aufgestellte Wärmepumpe mit, je nach Wohnfläche, 1 bis 4 kW Heizleistung, Invertersteuerung, Geothermie als Energiequelle, Heiz- und Kühlfunktion sowie Trinkwasserspeicher.

Wärmepumpe
Quelle: Bernd Genath
Der Riese aus dem Hause Waterkotte: Das Wärmepumpensystem "Goliath" mit Leistungen bis 1.000 kW.

Allerdings mit der Besonderheit, dass nicht jedes Gerät an einer eigenen Vertikalsonde hängt, sondern "kalte Nahwärme" aus einer einzigen Bohrung durch das Mehrfamilienhaus zirkuliert. In einem Gebäude mit zehn Wohnungen bedienen sich die Wärmepumpen also aus der Ringleitung. Die Kosten minimieren sich, denn der Aufwand für die Wärmequelle verteilt sich jetzt auf zehn Maschinen. "Die Hygiene ist über eine automatische Legionellen-Schutzschaltung gesichert, die Heizkostenabrechnung entfällt, die Stellfläche von nur noch 0,4 m² fällt nicht ins Gewicht und mit dem COP von 4,70 (B0/W35) bzw. 6,40 (W10/W35) weicht auch die Jahresarbeitszahl (JAZ) nicht weit vom COP ab, weil sich die Transportverluste in Grenzen halten und ein Teil der Geräteverluste der Wohnungsbeheizung zugutekommt", zählt Jung weitere Vorteile auf. Das System sei besonders für die Altbausanierung interessant.

Die Kühlfunktion der "Ai1 Geo" habe außer dem Komfortgewinn für die Bewohner noch einen zweiten Vorteil: "Sie reduziert die Kosten für die Wärmequelle, die darf ein oder zwei Nummern kleiner sein, denn der Boden regeneriert natürlich viel schneller durch den warmen Rücklauf. Deswegen können wir von der investiven Seite her mit der Brennwerttechnik mithalten, wenn wir die KfW-Förderung einrechnen. Darüber hinaus »vertreiben« wir auch noch im Sommer die Hitze aus den Zimmern. Mit den Betriebskosten liegen wir ohnehin unter denen der Wärmeerzeugung mit fossilen Brennstoffen, vom Umweltaspekt gar nicht zu sprechen. Viele Mieter und Eigentümer fragen ja mittlerweile nach den Emissionen der Heizung."

Tarifoptimierter Betrieb

Zu hören war auf der Waterkotte-Jubiläumsfeier in Herne auch, dass aktuell das Gewicht auf der Entwicklung der "Smart Grid"-Fähigkeit (SG) liegt. Bekanntlich sollen Wärmepumpen auch eine Pufferfunktion zur Stabilisierung der Stromnetze übernehmen: Abschalten bei "Dunkelflaute", wenn das dürftige Angebot im Netz den priorisierten Verbrauchern vorbehalten bleiben muss, einschalten und Strom absaugen bei "Hellbrise", gewöhnlich an einem sonnigen, stürmischen Herbsttag gegen Mittag, wenn die Übertragungsnetzbetreiber nicht wissen, wohin mit der Elektrizität. Waterkotte beteiligt sich deshalb an SynErgie OWL, um daraus zu lernen, wie die zukünftige Regelungstechnik auszusehen hat.

SynErgie OWL – ein Forschungsprojekt, in dem Wärmepumpen beheizte Häuser in Kontakt mit der Leipziger Strombörse stehen und von dort per Impuls ein- und ausgeschaltet werden. Die regelungstechnische Basis hat der BWP bereits mit dem SG-Siegel gelegt. Die Kennzeichnung erhalten Produkte, die in der Lage sind, entsprechende Fremdsignale zu empfangen und darauf zu reagieren.

"Das »SG Ready«-Logo zeigt Verbrauchern die »Smart Grid«-Tauglichkeit in Bezug auf einen tarifoptimierten Betrieb an. Wir wollen aber weit darüber hinausgehen, wir wollen die Geräte tatsächlich digitalisieren, das heißt, den Betrieb über Internet und Server intelligent beeinflussen können. Das ermöglicht, die Geräte im Betrieb zu beobachten und aus den Werten Rückschlüsse zur Steigerung der Effizienz zu ziehen. In der bedarfsgerechten Einströmung von Luft-Wärmepumpen etwa verbirgt sich ein immenses Einsparpotential. Das belegen Tests auf dem Prüfstand. Die Regelung und die Ausstattung des Gerätes müssen natürlich zulassen, diese maximale Effizienz herauszuholen", schaut Andreas Jung nach vorne.

"Remote Care" gehört die Zukunft

Das setze allerdings einen breiten Feldtest mit einer genügenden Anzahl von Geräten voraus, um eine Datenmenge zu erhalten, die es erlaubt, automatisierte Vorgänge zu programmieren. "Stichwort »Remote Care«, Fernanpassung: Wir haben hier drei Aufgaben oder drei Stufen vor uns. Der erste Schritt ist der, dass die Anlagen am Server hängen und ihre Daten abliefern. Auf diese Daten können die Techniker schauen, sie auswerten und entsprechende Entscheidungen treffen. Der zweite Schritt besteht in einer Fehleranalyse. Die Software wertet die Meldungen aus und weist auf Abweichungen gegenüber dem Regelbetrieb hin. Der Service weiß dann sofort, wo er einzugreifen hat. Der dritte Schritt ist dann die Optimierung durch den Server selbst. Er lernt, die Istwerte an die Sollwerte heranzufahren – das ist die Endstufe, die automatisierte Optimierung. Noch stehen wir aber ganz am Anfang, am Beginn der Stufe eins", betont der Technische Leiter der Waterkotte GmbH.

Blick in den Prüfstand im Waterkotte-Stammsitz in Herne.
Quelle: Bernd Genath
Im Waterkotte-Stammsitz, Herne: Blick in den Prüfstand.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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