Wärme

50 Jahre Normen und Rechtsverordnungen zum nachhaltigen Bauen und zur Energieeinsparung

Montag, 05.09.2016

Erst in den letzten 50 Jahren hielten die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz Einzug in das Bauwesen. In den ersten Jahren nach dem Krieg gehörten Einscheibenverglasung, ungedämmte Fassaden mit U-Werten über 1,0 sowie Ofenheizungen zum Standard.

Kaminfeuer.

Dieser Standard bescherte eine geringe Behaglichkeit, nasse Wohnungen mit Feuchte, Schimmel und gesundheitliche Auswirkungen im Gefolge. Die hygienischen Risiken begründeten 1952 die Verabschiedung der DIN 4108 „Wärmeschutz im Hochbau“. Die Norm hatte also damals nicht die Energieeinsparung im Blick. Erst durch die Energiekrisen in den 1970er-Jahren rückte der Einsparungseffekt in den Fokus der Gesetzgebung. Sie erließ:

1976 das „Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden“. Das Energieeinsparungsgesetz EnEG ermächtigt die Bundesregierung, in Verordnungen Details für Gebäude vorzuschreiben, „dass beim Heizen und Kühlen vermeidbare Energieverluste unterbleiben“ (§ 1 Abs. 1 EnEG). Solche Details schob sie bereits ein Jahr später nach:

1977: Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung. Sie wurde zweimal novelliert und zwar als Ausgaben 1984 (2. Wärmeschutzverordnung) und 1995 (3. Wärmeschutzverordnung). Die dritte Fassung blieb bis Februar 2002 gültig. Dann ging sie in der Energieeinsparverordnung auf. Ein Jahr nach der ersten Wärmeschutzverordnung erschien

1978 die „1. Verordnung über energiesparende Anforderungen an heizungstechnischen Anlagen und Brauchwasseranlagen“, kurz die Heizungsanlagenverordnung. Eine Neufassung trat 1994 in Kraft und weitere Ergänzungen und Änderungen 1998 sowie 2001.

1981: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die verordnete Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten nach Verbrauch (Heizkostenverordnung) Mietern und Wohnungseigentümern einen größeren Anreiz bietet, mit Heizwärme und Warmwasser sparsamer umzugehen, als dies bei einer reinen Pauschalabrechnung der Fall ist. Eine vom Wirtschaftsministerium (Otto Graf Lambsdorff) in Auftrag gegebene Untersuchung an der TH Aachen (Prof. Hans-Jürgen Zimmermann) hat das bestätigt. Der Zimmermann-Bericht geht von bis 20 Prozent aus. Die letzte Änderung der HeizkostenV trat 2009 in Kraft.

2002: Mit Erscheinen der Energieeinsparverordnung verlieren Wärmeschutzverordnung und Heizungsanlagenverordnung ihre Gültigkeit. Die EnEV fasste beide Rechtsvorschriften zusammen. Professor Herbert Ehm aus dem Bundesbauministerium und seine Mitarbeiter sahen das Haus als Ganzes, als systemische Einheit. Die gemeinsame Bilanzierung der Wärmeverluste respektive der Wärmegewinne der Gebäudehülle einerseits und der Anlagentechnik andererseits soll zudem den Architekten mehr Freiheit in der Gestaltung geben. Das Gesetz zur Einsparung von Energie von 1976 blieb weiterhin Grundlage der neuen Verordnung. Zeitgleich mit der EnEV erließ Brüssel 2002 die EU-Gebäuderichtlinie. Die war in nationales Recht umzusetzen. Teile der EnEV erfüllten schon die Forderungen. Die erste Novellierung der EnEV im Jahr 2007 reglementierte die Teile der Richtlinie, die die Erstausgabe noch nicht berücksichtigt hatte. Dies waren neben der Einführung eines Gebäudeenergieausweises die Festschreibung einer regelmäßigen Überwachung von Klima- und Lüftungsanlagen sowie die Berücksichtigung der Klimatisierung und Beleuchtung bei der energetischen Betrachtung von Nicht-Wohngebäuden. Die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden wurden mit der Novellierung jedoch nicht verschärft. Diese Werte fasste erst die letzte Änderung von Oktober 2015 an. Laut Professor Ehm strebte die erste Energieeinsparverordnung eine Senkung des Primärenergiebedarfs von 25 bis 30 Prozent an.

2000: Die Einspargesetzgebung wird um das Erneuerbare-Energien-Gesetz erweitert. Das EEG regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz und garantiert deren Erzeugern feste Einspeisevergütungen. Während sich das EEG in Bezug auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien als erfolgreich erweist, werden die Ausnahmeregelungen für die Industrie kontrovers diskutiert. In der Kritik stehen des Weiteren die vielen Neufassungen und Änderungen. Sie geben den Investoren und weiteren Betroffenen keine Planungssicherheit.

2002: Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom April jenen Jahres dient „im Interesse der Energieeinsparung sowie des Umwelt- und Klimaschutzes“ einer Erhöhung der Netto-Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf 110 Terrawattstunden bis zum Jahr 2020 sowie auf 120 Terrawattstunden bis zum Jahr 2025. So steht es in der Fassung vom 21. Dezember 2015. Als viertes Gesetz im Energiebereich legte die Bundesregierung 2009 das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz vor. Das EEWärmeG verpflichtet in § 3, den Wärmebedarf für neu zu errichtende Gebäude anteilig mit Erneuerbaren Energien zu decken. Die Pflicht besteht ab einer Nutzfläche von mehr als 50 Quadratmetern. Adressaten dieser Pflicht sind alle Eigentümer neu errichteter Gebäude, gleichgültig, ob es sich um öffentliche oder private Bauherren handelt. Aktuell ist die Fassung von Oktober 2015 gültig. Sie ergänzt die frühere Ausgabe im § 9a mit Bestimmungen für den Einsatz Erneuerbarer Energien in Gebäuden für die Unterbringung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen. § 9a entbindet die Kommunen von der Nutzungspflicht Erneuerbarer Energien, wenn sie bereits errichtete öffentliche Gebäude für Asylsuchende grundlegend herrichten und renovieren müssen. § 3 Abs. 2 des EEWärmeG schreibt eigentlich die anteilige Installation von ¬Erneuerbarer Energie in Fällen einer Grundsanierung vor. Im Prinzip reglementieren alle vier Gesetze nur den Neubau. Den Bestand fassen sie nicht an, von der HeizkostenV abgesehen. Das hat etwas mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Energieeinsparungsgesetz zu tun. § 4 EnEG verzichtet auf Zwangsmaßnahmen im Altbau: „Die Maßnahmen … müssen generell zu einer wesentlichen Verminderung der Energieverluste beitragen, und die Aufwendungen müssen durch die eintretenden Einsparungen innerhalb angemessener Fristen erwirtschaftet werden können.“ Zu der Dauer der „angemessenen Frist“ sagen Gesetze und Verordnungen allerdings nichts. Die Rechtsprechung der letzten Jahre geht von einem Zeitraum von zehn Jahren aus (zum Beispiel Landgericht München, Az: 1 T 15543/05). In der Praxis setzen die zuständigen Behörden die Frist aber sehr unterschiedlich an.

2016: Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags lehnt im April einen eingebrachten Entwurf zur Änderung des EEWärmeG ab. Das Papier sah vor, dass Eigentümer von Gebäuden schon beim Austausch oder dem nachträglichen Einbau einer Heizungsanlage mindestens 15 Prozent des jährlichen Wärmeenergiebedarfs durch Erneuerbare Energien zu decken haben oder den Wärmeenergiebedarf um 15 Prozent reduzieren müssen. Im Ausschuss ist man sich jedoch darüber einig, auf die Regierung einzuwirken, die verschiedenen Verordnungen und Gesetze im Energieeinsparbereich zusammenzuführen.

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