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Wärme

Performance von Fußbodenheizungen verbessern

Mittwoch, 24.04.2019

Fortsetzung unserer Artikelreihe zum Thema "Fußbodenheizungen bedarfsorientiert regeln".

Die vielfältigen Entwicklungspotentiale in der Regelung, Hydraulik sowie im Betrieb von Fußbodenheizungen im Kontext der energiepolitischen Diskussionen rund um Energie- und Wärmewende in Deutschland bzw. Europa soll dieser Fachbeitrag aufzeigen. Er führt die Gedanken und Ergebnisse der Artikelreihe "Fußbodenheizungen bedarfsorientiert regeln" (siehe Teil 1 und Teil 2) fort. Das neue System der raumweisen, bedarfsorientierten Beimisch-Regelung von Fußbodenheizungen wird dabei ausführlich beschrieben, ist aber noch nicht marktverfügbar.

Zwei übereinander gelegte Blätter mit Diagrammen.
Quelle: HeizungsJournal
Das Ziel eines "klimaneutralen Gebäudebestands" ist jedoch noch sehr weit vom aktuellen Status quo in Deutschland entfernt, wie der Bundesrechnungshof mit Blick auf die Umsetzung der Energiewende aktuell festgestellt hat.

Die Entwicklungen der raumflächenintegrierten Wärmeübergabesysteme sowie der Fußbodenheizung gehen in folgende Richtungen: Gefordert sind Energieeinsparung und Ressourcenschonung bei hohem thermischen Komfort. Gefordert sind selbstlernende, adaptive, bedarfsorientierte Regelungen mit raumweiser temporärer Temperaturabsenkung.

Gefordert sind nicht zuletzt Vernetzung und "Smart Home"-Funktionen als Bausteine eines zukunftsfähigen Energiemanagements. Ganz im Sinne der Anforderungen der "Energieeffizienzstrategie Gebäude" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), wonach Gebäude zukünftig mit nachhaltigen, intelligent gesteuerten Systemen ausgerüstet werden sollen, welche den Energieverbrauch und somit die CO2-Emissionen so reduzieren, dass das Ziel eines "klimaneutralen Gebäudebestands" bis 2050 erreicht wird.

Die Entwicklung der "Energieeffizienzstrategie Gebäude" ist weiterhin eingebettet in eine europäische Strategie zum Wärme- und Kältemarkt ("EU strategy for heating and cooling"). Die EU-Strategie wird dabei von der Überlegung geleitet, dass dem Wärme- und Kältemarkt angesichts eines Anteils von rund 50 Prozent am gesamten Endenergieverbrauch in Europa eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der energiepolitischen EU-Ziele zukommt.

Dass dieses Ziel eines "klimaneutralen Gebäudebestands" jedoch noch sehr weit vom aktuellen Status quo in Deutschland entfernt ist, das hat aktuell der Bundesrechnungshof mit Blick auf die Umsetzung der Energiewende festgestellt. Trotz eines erheblichen Einsatzes von Personal und Finanzmitteln würde Deutschland die Ziele bei der Umsetzung der Energiewende bisher überwiegend nicht erreichen. Ein wesentliches Versäumnis sei, dass das BMWi nicht bestimmt hat, was es tun muss, um die Ziele der Energiewende nachweisbar und auf wirtschaftliche Weise zu erreichen.

Seit Oktober 2013 setzt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Energiewende federführend um. Der Bundesrechnungshof prüft seitdem begleitend die Umsetzung. Das Fazit der jüngsten Bilanz fiel dabei mehr als ernüchternd aus. So ist in dem jetzt vorgelegten Sonderbericht über die Koordination und Steuerung zur Umsetzung der Energiewende durch das BMWi von Defiziten die Rede. "Die Bundesregierung droht, mit ihrem Generationenprojekt der Energiewende zu scheitern. Darauf deuten teils erhebliche Zielverfehlungen bei der Umsetzung hin", lautet die Bilanz von Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs. Dies gelte sowohl für die angestrebte Reduktion der Treibhausgasemissionen und des Primärenergieverbrauchs als auch für die Steigerung der Energieproduktivität und des Anteils erneuerbarer Energien im Verkehr.

Was jedoch (mittlerweile) unstrittig ist, ist die Tatsache, dass der Gebäudebereich einen wichtigen Beitrag zum zentralen Ziel, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 zu reduzieren, leistet. "Das bedeutet, dass der Primärenergiebedarf durch eine Kombination aus Energieeinsparung und dem Einsatz erneuerbarer Energien bis 2050 in der Größenordnung von 80 Prozent gegenüber 2008 zu senken ist. […] Betrachtet man den Gebäudebestand bis zum Jahr 2050, dürfen die bis dahin neu errichteten Gebäude nicht vergessen werden. Die jetzigen Neubauten dürfen nicht die Sanierungsfälle von morgen werden. Deshalb sind diese bereits heute möglichst zielorientiert zu errichten", ist in der "Energieeffizienzstrategie Gebäude" zu lesen.

Karikatur der Evolution der Fußbodenheizung.
Quelle: Peter Gabanyi
Neue, innovative Fußbodenheizungs-Systeme und -Komponenten sind für die Zukunft zwingend notwendig.

Fußbodenheizung mit erheblichem Marktpotential

Soll also "zielorientiert" gebaut werden, so lohnt es sich, auch aufgrund der aktuell dynamischen Neubauaktivität im Bereich Wohn- und Nichtwohngebäude, den Energiebilanzraum "Wärmeverteilung" und "Wärmeübergabe" im Gebäude genauer zu betrachten sowie die Energieeinsparpotentiale entsprechender neuartiger Systemkomponenten für die Flächenheizung bzw. Fußbodenheizung abzuschätzen. Und dies vor allem auch deshalb, da sich in neu errichteten Wohngebäuden die Fußbodenheizung zum "Quasi-Standard" entwickelt hat. Nach kontinuierlichem Wachstum ist der Markt für Flächenheizungen und Flächenkühlungen in 2018 denn auch um weitere zehn Prozent auf nunmehr rund 233 Mio. Rohrmeter gewachsen – laut einer Prognose des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie e.V. (BDH). Das entspricht einer "Rohrschlange", welche die Erde am Äquator (annähernd) stolze sechsmal umspannt!

5,66 Millionen energieeffiziente Heizkreise/Jahr

Im Folgenden sollen weitere Zahlen, Daten und Fakten das Marktpotential für energieeffiziente Fußbodenheizungs-Systeme bzw. das neue System der raumweisen, bedarfsorientierten Beimisch-Regelung unterstreichen:

1.) Neubauwohnungen in Europa: Laut Euroconstruct wurden im Jahr 2018 in Belgien 43,4 Tsd. Wohnungen, in Deutschland 275,0 Tsd., in Frankreich 459,9 Tsd., in Großbritannien 186,0 Tsd., in Österreich 50,5 Tsd. und in der Schweiz 48,9 Tsd. fertiggestellt – in Summe 1.063.700 Wohnungen. Es werden etwa 70 Prozent der Wohnungen mit Fußbodenheizung ausgerüstet. Das entspricht etwa 4,46 Millionen Heizkreisen, welche in Europa im vergangenen Jahr hinzugebaut wurden (Annahme: 744.590 Wohnungen mit Fußbodenheizung; sechs Heizkreise pro Wohnung).

2.) Bestandswohnungen in Deutschland: Laut BMWi muss in den nächsten 20 Jahren ein Bestand von 20 Millionen Wohnungen in 9,5 Millionen Gebäuden saniert werden. Bei vorsichtiger Schätzung sind in 20 Prozent der Sanierungsfälle Fußbodenheizungen installiert. Demnach müssten pro Jahr in 200.000 deutschen Wohnungen die Fußbodenheizungen saniert werden. Das entspricht wiederum einem Marktvolumen von rund 1,2 Millionen Heizkreisen pro Jahr, welche in Deutschland energetisch optimiert werden müssten (Annahme: sechs Heizkreise pro Wohnung).

Aus diesen Marktzahlen bzw. diesem geschätzten Marktvolumen für Neubau- und Bestandsimmobilien lassen sich des Weiteren das energetische Einsparpotential und die CO2-Einsparungen ermitteln, welche die Anwendung der Beimisch-Regelung in Fußbodenheizungs-Systemen herbeiführen kann.

Die Tabelle zeigt mögliche Energieeinsparpotentiale im Gebäude durch eine Fußbodenheizung.
Quelle: Peter Gabanyi

Den Berechnungen liegt hierbei die Annahme zugrunde, dass die jeweils neu installierte Beimisch-Regelung aufgrund ihrer innovativen Funktions- und Betriebsweise durchschnittlich 30 Prozent Energie einsparen kann.

Fußbodenheizungs-Systeme: technischer Status quo

Die Drossel-Regelung ist das derzeit übliche Regelsystem für Heizkörper und Fußbodenheizungen, obwohl sich die beiden Systeme regeltechnisch absolut entgegengesetzt verhalten. Alle Heizkörper oder Fußbodenheizkreise eines Hauses werden von der gleichen Vorlauftemperatur versorgt. Die Heizflächen müssen der Heizlast genau angepasst werden. Bei Heizkörpern funktioniert dieses Regelsystem perfekt: Die Heizkörper-Größe wird einfach durch Variation von Bauhöhe, -tiefe und -länge der geforderten Raumheizlast exakt angepasst. Die geringe Speicherfähigkeit des Heizkörpers kommt der Drossel-Regelung hier zugute.

Regeltechnisches Verhalten der Drossel-Regelung: Heizkörper-Systeme

a.) Die wärmeübertragende Heizfläche – die Heizkörper-Oberfläche – gibt die Wärme direkt an den Raum ab.

b.) Die Heizwasser-Temperatur ist in der ganzen Anlage systembedingt gleich. Darum müssen die Heizkörper-Größen (Baulänge, -tiefe und -höhe) den unterschiedlichen, normativ gerechneten Raumheizlasten exakt angepasst werden.

c.) Die Heizkörper-Thermostatventile sind Stetigregler, die den Heizwasser-Durchfluss permanent der Soll-Raumtemperatur anpassen. Die Ventile sind bei richtiger Auslegung und korrektem hydraulischen Abgleich immer offen. Erst bei Fremdwärmeeintrag (z.B. Sonneneinstrahlung, innere Wärmequellen) drosseln oder schließen sie.

d.) Die Heizkörper besitzen wegen des geringen Wasserinhalts regelungstechnisch praktisch keine Trägheit.

Regeltechnisches Verhalten der Drossel-Regelung: Fußbodenheizung

Die Drossel-Regelung ist für Fußbodenheizungen – sprich: raumflächenintegrierte Wärmeübergabesysteme – nicht geeignet. Warum gibt es diese Probleme hier: Die Größe der Heizfläche – der Fußboden eines Raumes – kann nicht verändert werden. Die unterschiedlichen Verlegeabstände der Heizrohre im Estrich von 10, 15 und 20 cm und eine maximale Temperaturspreizung von 20 K können die Wärmeabgabe nicht ausreichend variieren, um die Heizfläche "Boden" der Heizlast anzupassen.

In einem Wohngebäude sind die spezifischen Heizlasten der Räume sehr unterschiedlich. Die Vorlauftemperatur für alle Räume des Hauses ist gleich und wird vom Raum mit der höchsten spezifischen Heizlast bestimmt (DIN EN 1264-3). Mit dieser Vorlauftemperatur sind bei Fußbodenheizung alle anderen Räume des Gebäudes stark überversorgt. Des Weiteren ist der Speicherestrich mit einer Verzugszeit von bis zu sechs bis neun Stunden sehr träge. Aus diesen genannten Eigenschaften der Fußbodenheizung ergeben sich genau die gegenteiligen Voraussetzungen wie bei "klassischen" Heizkörper-Systemen.

Dennoch: Die Drossel-Regelung wird, obwohl für Fußbodenheizungen offensichtlich nicht geeignet, aus Mangel an Alternativen bis heute eingesetzt.

Von Peter Gabanyi
Dipl.-Ing. (FH) Energie- und Versorgungstechnik
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