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Lüftung

Wohnungslüftung bei innenliegenden Sanitärräumen

Normenkonforme Lösungen an der Schnittstelle von DIN 1946-6 und DIN 18017-3

Mittwoch, 28.09.2016

Für Wohnungen und Nutzungseinheiten mit wohnähnlicher Nutzung, in denen Bäder beziehungsweise Toiletten innenliegend sind, greifen sowohl die DIN 1946-6 als auch die DIN 18017-3. Während die DIN 1946-6 als Regel der Technik für das Lüftungskonzept der gesamten Nutzungseinheit maßgeblich ist, ist die DIN 18017-3 bauaufsichtlich eingeführt und für die Lüftung der innenliegenden Bäder beziehungsweise Toiletten heran zu ziehen. Das Zusammenwirken beider Normen erweist sich als komplex und macht die Unterscheidung verschie­dener Anwendungsfälle erforderlich.

Überblick über die Lüftungssysteme nach DIN 1946-6.
Quelle: Autor
Lüftungssysteme nach DIN 1946-6.

Grundlagen der DIN 1946-6

Die Entwicklung der letzten Jahre führt im Neubau und nach Modernisierungen zu einer immer luftdichteren Gebäudehülle. Vor diesem Hintergrund fordert die DIN 1946-6 für neu zu errichtende oder lüftungstechnisch relevant (z.B. Austausch von mehr als einem Drittel der Fenster) zu modernisierende Wohngebäude und Gebäude mit wohnähnlicher Nutzung, dass mit einem Lüftungskonzept festgestellt wird, ob für die betroffenen Wohnungen unter Beachtung von bauphysikalischen, lüftungs- und gebäudetechnischen sowie hygienischen/gesundheitlichen Gesichtspunkten eine lüftungstechnische Maßnahme erforderlich ist.

Als lüftungstechnische Maßnahme werden Einrichtungen zur freien oder ventilatorgestützten Lüftung bezeichnet, die zur Sicherstellung eines nutzerunabhängigen Luftaustausches dienen.

Lüftungstechnische Maßnahmen sind zur Vermeidung von Schimmelpilzbefall und Feuchteschäden erforderlich, wenn ein definierter minimaler Volumenstrom zum Feuchteschutz durch den im Mittel in der Heizperiode gegebenen Volumenstrom durch Infiltration nicht mehr sichergestellt werden kann.

Bei der Festlegung, ob lüftungstech­nische Maßnahmen erforderlich sind, werden nach DIN 1946-6 berücksichtigt: 

  • Gebäudeart (mehrgeschossige oder eingeschossige Wohnungen),
  • Gebäudelage (windschwach/windstark, Zuordnung nach DIN 1946-6),
  • Luftdichtheit (nach Möglichkeit durch Messung der Luftdichtheit, sonst mit n50-Vorgabewerten nach DIN 1946-6 in Abhängigkeit vom Bauzustand beziehungsweise vom Umfang der Modernisierungsmaß­nahmen) und
  • Wärmeschutz (niedrig: schlechter als Wärmeschutzverordnung 1995 / hoch: Wärmeschutzverordnung 1995 oder besser).

Sind lüftungstechnische Maßnahmen notwendig oder ist aus hygienischen (z. B. Allergiker) beziehungsweise aus energetischen (zum Beispiel Effizienzhaus-Anforderungen) Gründen ein Lüftungskonzept erforderlich, ist im nächsten Schritt ein geeignetes Lüftungssystem auszuwählen. Die Lüftungssysteme können nach dem Wirkprinzip systematisiert werden (siehe Abbildung 1).

Der durch Undichtheiten der Gebäudehülle verursachte Luftvolumenstrom durch Infiltration wird nach DIN 1946-6 nicht als eigenständiges Lüftungskonzept betrachtet, wird aber bei der Auslegung der Lüftungssysteme berücksichtigt.

Sind in undichten Gebäuden (etwa im unsanierten Gebäudebestand) nach DIN 1946-6 keine lüftungstechnischen Maßnahmen erforderlich, kann der Nutzer durch die Kombination von Infiltra­tionslüftung mit Fensterlüftung (regelmäßiges Fensteröffnen) die Wohnungslüftung realisieren. Auch wenn ein Lüftungssystem vorhanden ist, kann die Lüftung jederzeit durch Fensterlüftung (zum Beispiel zur Intensivlüftung bei Lastspitzen) unterstützt werden. Die Fensterlüftung ist aber kein Lüftungssystem nach DIN 1946-6 und wird bei der Auslegung der Lüftungssysteme zur Sicherstellung des erforderlichen Außenluftvolumenstroms nicht berücksichtigt.

Für die Auslegung des Lüftungssy­s­tems ist das Verständnis der Lüftungs­stufen nach DIN 1946-6 erforderlich. In DIN 1946-6 werden vier Lüftungsstufen definiert:

Lüftung zum Feuchteschutz:

Notwendige Lüftung zur Gewährleistung des Bautenschutzes (Feuchte) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teil­weise reduzierten Feuchtelasten, zum Beispiel zeitweilige Abwesenheit der Nutzer und kein Wäschetrocknen in der Nutzungseinheit

→ entscheidend für Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen (Lüftungskonzept).

Reduzierte Lüftung:

Notwendige Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen Mindestanforderungen sowie des Bautenschutzes (Feuchte) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teilweise reduzierten Feuchte- und Stofflasten, beispielsweise infolge zeitweiliger Abwesenheit der Nutzer → Auslegung für Systeme der freien Lüftung.

Nennlüftung:

Notwendige Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen Anforderungen sowie des Bautenschutzes bei Anwesenheit der Nutzer (Normalbetrieb) → Auslegung für Systeme der ventilatorgestützten Lüftung.

Intensivlüftung:

Zeitweilig notwendige Lüftung mit erhöhtem Luftvolumenstrom zum Abbau von Lastspitzen (Lastbetrieb)

→ optionale Auslegung für Systeme der ventilatorgestützten Lüftung im Maximalbetrieb.

Der in der Energieeinsparverordnung zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erwähnte Mindestluftwechsel entspricht dabei der zeitlichen Mittelung der in der DIN 1946-6 definierten Lüftungsstufen über den Bilanzzeitraum (z.B. Heizperiode oder Jahr).

Um den notwendigen Gesamt-Außenluftvolumenstrom für eine Nutzungseinheit in den einzelnen Lüftungsstufen bestimmen zu können, sind Anforderungen an die Nutzungseinheiten (Außenluftvolumenströme abhängig von der beheizten Wohnfläche) an einzelne Räume (Außenluftvolumenströme für Ablufträume) und an den pro Person zu realisierenden Luftvolumenstrom1 (nach DIN 1946-6 im Regelfall 30 m³/(hPers.), mindestens aber 20 m³/(hPers.) einzuhalten. Dabei wird der notwendige Gesamt-Außenluftvolumenstrom im Regelfall als Maximalwert aus dem Vergleich des für die Nutzungseinheit erforderlichen Luftvolumenstroms mit der Summe der für die Ablufträume erforderlichen Luftvolumenströme und mit der Summe der personenbezogenen Luftvolumenströme bestimmt.

Lediglich für die Querlüftung wird in DIN 1946-6 nach einem anderen Berechnungsalgorithmus vorgegangen, da bei diesem Lüftungssystem die Durchströmungsrichtung der Nutzungseinheiten von der Windrichtung abhängt und damit Ablufträume nicht eindeutig definiert werden können.

Grundlagen der DIN 18017-3

Teil 3 der DIN 18017 in der Neufassung vom September 2009 [DIN 18017-3] regelt die Entlüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster mittels Ventilatoren. Auch andere Funktionsräume innerhalb von Wohnungen (beispielsweise Abstellräume oder Küchen mit Fenstern) können nach dieser Norm entlüftet werden.

Der planmäßige Abluftvolumenstrom von 40 m³/h für innenliegende Bäder (für Toilettenräume ist generell eine Halbierung aller auch im Folgenden genannten Werte zulässig) orientiert sich an den in DIN 1946-6 zur Anlagenbemessung genannten Werten. Bei ganztägigem, durchgehendem Betrieb dürfen die genannten Werte in Zeiten geringen Luftbedarfs, jedoch nicht mehr als 12 Stunden pro Tag, um die Hälfte reduziert werden. Mit bedarfsgeführten Abluftanlagen muss ein Abluftvolumenstrom von 60 m³/h realisierbar sein. Dieser darf allerdings

  • in Zeiten geringen Luftbedarfs dauerhaft auf mindestens 15 m³/h abgesenkt werden oder
  • im regelmäßigen Intervallbetrieb im Tagesmittel 15 m³/h nicht unter­schreiten (maximale Abschaltdauer 1 Stunde) oder
  • in Zeiten geringen Luftbedarfs bei normaler Nutzung und gutem Wärmeschutz (mindestens WSchVO 1995) auf 0 m³/h reduziert werden, wenn nach dem Abschalten noch ein Luftvolumen von 15 m³ abgeführt wird.

Die Anforderungen dieser baurechtlich verbindlichen Norm zur ventilatorgestützten Entlüftung sind durch die parallele Aktualisierung der Normen in der Regel gut vereinbar mit den Anforderungen an eine vollwertige Wohnungslüftung nach DIN 1946-6. Zu beachten ist allerdings, dass eine luftdichte Ausführung der Gebäudehülle entsprechend den Anforderungen der EnEV oder gar weiter gehender Anforderungen wie an das Passivhaus, nach DIN 18017-3 beziehungsweise DIN 1946-6 eine sorgfältige Planung der Luftnachströmung und damit der Dimensionierung von Außenluft- und Überströmdurchlässen erfordert.

Fallunterscheidung an der Schnittstelle von DIN 1946-6 und DIN 18017-3

Insgesamt können vier mögliche Kombinationen der Normen DIN 1946-6 und DIN 18017-3 unterschieden werden, in allen Varianten existieren innenliegende Bäder beziehungsweise Toiletten.

1. Fall: Es sind keine lüftungstechnischen Maßnahmen nach DIN 1946-6 erforderlich, da der Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz kleiner ist als der Luftvolumenstrom durch Infiltration (qV,ges,NE,FL < qV,Inf,wirk).

Die Auslegung der Ent­lüftungsanlage erfolgt nur nach DIN 18017-3:

  • Innenliegende Räume werden nach DIN 18017-3 berücksichtigt.
  • Es sind geeignete Zulufträume zur Luftnachströmung festzulegen und (soweit zusätzlich zur Infiltration erforderlich) mit Außenluft- und Überströmluftdurchlässen auszustatten.
  • Die übrigen Räume werden nicht betrachtet.

2. Fall: Es sind lüftungstechnische Maßnahmen nach DIN 1946-6 erforderlich, da der Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz größer ist als der Luftvolumenstrom durch Infiltration (qV,ges,NE,FL > qV,Inf,wirk).

Die Auslegung der Entlüftungsanlage erfolgt nach DIN18017-3, die Ent­lüftung nach DIN 18017-3 reicht im Dauerbetrieb für die gesamte Nutzungseinheit für die Lüftung zum Feuchteschutz aus:

Innenliegende Räume werden mit einer Entlüftungsanlage nach DIN 18017-3 ausgestattet. Im Dauerbetrieb der Entlüftungs­anlage ist die Lüftung zum Feuchteschutz für die gesamte Nutzungs­einheit sichergestellt. Alle nicht innenliegenden Räume (auch Küchen!) werden für die Luftnach­strömung genutzt und sind (soweit zusätzlich zur Infiltration erforderlich) mit Außenluft- und Überströmluftdurchlässen auszu­statten. Der Strömungsweg Küche → Aufenthaltsraum → Bad ist nicht zulässig.

3. Fall: Es sind lüftungstechnische Maßnahmen nach DIN 1946-6 erfor­derlich, da der Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz größer ist als der Luftvolumenstrom durch Infiltration (qV,ges,NE,FL > qV,Inf,wirk).

Die Auslegung der Entlüftungsanlage erfolgt nach DIN 18017-3, die Ent­lüftung nach DIN 18017-3 reicht im Dauerbetrieb für die gesamte Nutzungseinheit nicht für die Lüftung zum Feuchteschutz aus und es ist zusätzliche Querlüftung erforderlich:

  • Innenliegende Räume werden mit einer Entlüftungsanlage nach DIN 18017-3 ausgestattet.
  • Im Dauerbetrieb der Entlüftungsanlage ist die Lüftung zum Feuchteschutz für die gesamte Nutzungseinheit nicht sichergestellt.
  • Alle nicht innenliegenden Räume (auch Küchen!) werden für die Luftnachströmung sowie die Querlüftung zum Feuchteschutz genutzt und sind mit Außenluft- und Überströmluftdurchlässen auszustatten.
  • Der Strömungsweg Küche Aufenthaltsraum Bad ist nicht zulässig.

4. Fall: Es sind lüftungstechnische Maßnahmen nach DIN 1946-6 erfor­derlich, da der Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz größer ist als der Luftvolumenstrom durch Infiltration (qV,ges,NE,FL > qV,Inf,wirk).

Die Auslegung einer Abluftan­lage oder einer Zu-/Abluftanlage erfolgt für Nennlüftung nach DIN 1946-6 unter Einhaltung der Anforderungen der DIN 18017-3 an innenliegende Räume:

  • Alle Ablufträume (innen- und außenliegend) werden mit einer Abluftanlage nach DIN 1946-6 unter Einhaltung der Volumenströme nach DIN 18017-3 ausgestattet.
  • Alle Zulufträume werden für die Luftnachströmung genutzt.
  • Die Auslegung des Lüftungssystems erfolgt für Nennlüftung nach DIN 1946-6 unter Einhaltung der Anforderungen der DIN 18017-3 für innenliegende Räume.

In Tabelle 1 sind die wesentlichen Randbedingungen für die Fallunterscheidung an der Schnittstelle der Normen DIN 1946-6 und DIN 18017-3 zusammengefasst.

Von Thomas Hartmann
Geschäftsführer ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden, Forschung und Anwendung GmbH

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