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KWK

HeizungsJournal-Expertentreff zum Thema "Kraft-Wärme-Kopplung"

Donnerstag, 24.10.2019

Die KWK hält einige Trümpfe in der Hand

Es gilt, die "Flucht nach vorne" anzutreten! "Die Kraft-Wärme-Kopplung ist dank technischem Fortschritt der ideale Partner für die erneuerbaren Energien und sorgt für stabile Stromerzeugung, auch dann, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Hinzu kommen ihre hohe Flexibilität und guten Speichermöglichkeiten für Wärme, was sie zum idealen »Schattenkraftwerk« für Photovoltaik und Windenergie macht. KWK passt sich alles in allem hervorragend ein in bestehende Infrastrukturen wie Wärme- und Stromnetze", bringt es der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung in seinen "Fünf Trümpfen für die Energiewende" auf den Punkt.

"Schattenkraftwerk" – das ist doch ein schöner und bildhafter Ausdruck! Genauso bildhaft-emotional wie die Metapher vom "deutschen (Erd-)Gasnetz" als belastbarer und heute schon ganz praktisch vorhandener Großspeicher, welcher im Verbund mit Speicherkavernen eine 90-tägige (!) Energiereserve darstellen kann. Es wäre regelrecht absurd, solche Infrastrukturen als "Fossilien" zu deklarieren. Vielmehr muss dieses Netz als E-Gas-, Solargas-, Windmethan- und Wasserstoff-Speicher beleuchtet, gedacht und integriert werden – Stichwort: Konvergenz der Energienetze für Gas, Wärme und Strom. Die KWK ist demnach in der Lage, die Größen "Wirtschaftlichkeit" und "Nachhaltigkeit" gekonnt zu verknüpfen. "Die Kostenvorteile reichen von niedrigen Betriebs- bis zu geringen Netzkosten dank verbrauchsnaher Erzeugung, ergänzt vom schonenden Umgang mit fossilen Ressourcen und optimaler Verwertung erneuerbarer Energien wie Bio- und Windmethan sowie Wasserstoff u.a.", schreibt der B.KWK hierzu und nennt gleich drei weitere "Trümpfe":

  • Wirkungsgrade von über 90 Prozent und eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten der KWK versprechen einen maßgeblichen Beitrag zum Erfolg der angestrebten Energiewende in Deutschland. Hinzu kommen reduzierte CO2-Belastungen und ein schonender Umgang mit Ressourcen.
  • Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt den Strom vor Ort, dort, wo er gebraucht wird. Das entlastet nicht nur die Stromnetze, sondern mindert auch deren Störanfälligkeit.
  • KWK ist ein Innovationsmotor und fördert die Wertschöpfung sowie Wettbewerbskraft des deutschen Mittelstandes.

Wie kann es nun gelingen, diese "technologischen Trümpfe" gerade im Bereich der Gebäudeenergieversorgung besser auszuspielen und bei den entscheidenden Personen stärker ins Bewusstsein zu bringen?

Die Teilnehmer des HeizungsJournal-Expertentreffs "Kraft-Wärme-Kopplung" kennen geeignete Wege, um die sprichwörtlichen "PS" auf die Straße zu bringen, und gehen diese auch erfolgreich:

"Was wir in der Praxis leider immer wieder erleben, ist, dass potentiellen Auftraggebern die Investitionen in KWK-Anlagen »ausgeredet« werden. Um gerade solche Szenarien zu vermeiden, arbeiten wir seit Jahren sehr intensiv an der Schulung aller beteiligten Berufsgruppen. Fachwissen im Bereich Planung, Installation und Betrieb von Blockheizkraftwerken ist und bleibt die essentielle Grundlage für performante Systeme und zufriedene Kunden", stellte Hagen Fuhl, Prokurist und Leiter Normungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei der SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme GmbH, die Relevanz der Aus- und Weiterbildung für die Branche heraus.

Foto von Hagen Fuhl.
Quelle: HeizungsJournal
Hagen Fuhl, Prokurist + Leiter Normungs- und Öffentlichkeitsarbeit, SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme GmbH: "Die Kraft-Wärme-Kopplung ist nicht nur irgendeine »Brückentechnologie«. Und die KWK ist ganz sicher kein Auslauf- oder Übergangsmodell, sondern die geborene Partnerin der erneuerbaren Energien. Klima- wie energiepolitisch muss es also heißen: »miteinander« statt »gegeneinander«."

"Wir betonen unsere Kompetenz als KWK-Spezialisten, welche sich voll und ganz diesem Marktsegment verschrieben haben. Dabei können wir in den individuellen Projekten mit unserem Erfahrungsschatz punkten, denn wir wissen genau, was unsere Maschinen leisten können und was nicht. Transparente und ehrliche Leistung – klingt altmodisch, bringt die KWK aber weiter", ist sich Markus Henning, Prokurist und Vertriebsleiter bei der Kraftwerk Kraft-Wärme-Kopplung GmbH, sicher.

Bild von Markus Henning.
Quelle: HeizungsJournal
Markus Henning, Prokurist + Vertriebsleiter, Kraftwerk Kraft-Wärme-Kopplung GmbH: "Die Kraft-Wärme-Kopplung steht beim Heizungsbauer zu häufig nicht auf der Tagesordnung. Sowohl die KWK-Technologie als auch die -Branche müssen hier dringend präsenter werden. Das ist, zugegeben, ein durchaus sportliches Unterfangen in Zeiten einer hohen Auslastung beim installierenden Fachhandwerk."

Michael Kirsten, Technischer Vertrieb und Projektentwicklung bei der 2G Energietechnik GmbH, bringt einen weiteren Ansatzpunkt in die Diskussion ein: "Die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger und Brennstoff in KWK-Systemen ist bei uns voll auf der Agenda und bereits in funktionsfähigen Anlagen umgesetzt. Mit solchen innovativen Anwendungen kann man ebenfalls gut punkten. Weitere Beispiele sind der Insel- und Netzersatzbetrieb mittels KWK."

Bild von Michael Kirsten.
Quelle: HeizungsJournal
Michael Kirsten, Technischer Vertrieb + Projektentwicklung, 2G Energietechnik GmbH: "Der vernetzte Energie- und Wärmemarkt eröffnet neue Geschäftsmodelle und datenbasierte Dienstleistungen. Die zielgerichtete Auswertung realer Betriebsdaten von KWK-Anlagen verbessert zum Beispiel die Qualität bei Wartungen und Serviceeinsätzen. Auch machen wir gute Erfahrungen mit der Vermietung von Blockheizkraftwerken."

Hat die KWK demgemäß eine Zukunft? Kann der zukunftsorientierte Heizungsbauer seinen Kunden noch guten Gewissens eine KWK-Anlage empfehlen?

"Ja, natürlich!", lautet die klare Antwort – nicht nur im Rahmen des HeizungsJournal-Expertentreffs "KWK" – auf diese zugegebenermaßen sehr rhetorischen Fragen und sie ist ein wichtiger Eckpfeiler der Energie- und Wärmewende. Ganz gleich, ob als Mikro- und Mini-KWK in der privaten Anwendung oder als Großmotoren und Turbinen-KWK in der kommunalen und industriellen Anwendung. Dezentral werden die besagten wertvollen erneuerbaren Gase und Öle – die sogenannten "E-Fuels" – in Zukunft zu Wärme und Strom umgewandelt. Immer dann, wenn Sonne und Wind eben nicht ausreichen, verrichtet die KWK zuverlässig ihren Dienst. Des Weiteren sind Warmwasser- und Pufferspeicher in Verbindung mit Wärmenetzen ebenfalls ein wichtiger Baustein, um die Strom- und Wärmebedarfsanforderungen für die KWK entkoppeln zu können. Gasmarkt, Strommarkt und Wärmemarkt in Symbiose – in neuen Dimensionen gedacht, "ideeller" bearbeitet und "emotionaler" kommuniziert – lautet folglich die Zukunftsperspektive der KWK-Branche. Die Technologie jedenfalls kann mit den unterschiedlichsten Transformationspfaden hin zu einem zukünftigen, klimafreundlichen Energiesystem umgehen.

Übrigens traut man der KWK dies auch zu! Die "Schützenhilfe" und der "Brückenschlag" kommen in diesem Falle – ganz offiziell und amtlich – vom BMWi, wo es in einem Artikel in der Rubrik "Strommarkt der Zukunft" heißt: "Die KWK steht an der Schnittstelle zwischen Strom- und Wärmemarkt. Beide Sektoren wachsen in den nächsten Jahrzehnten immer stärker zusammen. […] Mit dem Wandel in den Sektoren Strom und Wärme wandelt sich auch die Rolle der KWK."

Die KWK ist die "Sektorenkopplerin"

Diese essentielle "Schnittstellenfunktion" hatte ferner eine Kurzstudie untersucht, welche der B.KWK im Frühjahr 2018 präsentierte. Für die Studie "Perspektiven der Kraft-Wärme-Kopplung in der Energiewende" haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM) zwei Szenarien der Sektorenkopplung für Strom und Wärme verglichen: eine weitgehende Ablösung von Heizkesseln durch Elektro-Wärmepumpen und einen verstärkten Ausbau von Systemen der KWK. Die Kurzstudie bezieht sich dabei auf ein weit fortgeschrittenes Stadium der Energiewende im Jahr 2050. Verwendet wurden für die Szenarioanalyse stundenscharfe Zeitreihen für Strom und Wärme aus erneuerbarer und konventioneller Erzeugung, Stromspeicherung, Lastmanagement etc. – dadurch wurde es möglich, das Zusammenspiel der beiden jeweils dominanten Wärmeversorgungs-Systeme in hoher zeitlicher Auflösung zu beurteilen.

In der Zusammenfassung der Studie heißt es: "Aus den in dieser Kurzstudie vorgestellten Simulationen geht hervor, dass die forcierte Wärmepumpenstrategie einige gravierende Nachteile mit sich bringt. Die direkte Nutzung von Windkraft und Photovoltaik kann wegen der Zeitstruktur des Strombedarfs der Wärmepumpen nur begrenzt zur Bedarfsdeckung beitragen, auch wenn hierfür ein verstärkter Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien unterstellt wird. Erhebliche Strommengen müssten durch den Betrieb von konventionellen (evtl. fossil befeuerten) Kraftwerken oder durch Importe abgedeckt werden. Ob die im Rahmen des Wärmepumpen-Szenarios benötigten Strommengen importiert werden könnten, konnte im Rahmen dieser Studie nicht geprüft werden. Die Wärmepumpen verursachen in annähernd 1.000 Stunden eine Last von über 18 GW […] bei einem Maximalwert von 53 GW. Da Maximalwerte regional und überregional synchron zu erwarten sind, verbergen sich hierin auch hohe Anforderungen an den Netzausbau. Dagegen zeigt sich bei einer intensivierten KWK-Strategie, dass die Residuallast über das ganze Jahr zu einem deutlichen Ausgleich geführt werden kann. Dies gilt für den dargestellten Fall, dass die KWK-Systeme flexibel eingesetzte Wärmepumpen und Elektroheizer beinhalten […]. Sowohl die hier modellierten Großwärmepumpen als auch die Elektroheizer würden nur bei negativer Residuallast (Stromüberschüsse) und das KWK-Modul lediglich bei positiver Residuallast (Strommangel) laufen."

Ergo: Ein Ausbau von gasbasierten KWK-Systemen mit Wärmespeichern, die als ergänzende Komponenten E-Heizer und (Groß-)Wärmepumpen als "Power-to-Heat"-Technologien enthalten (sogenannte iKWK, "innovative Kraft-Wärme-Kopplung"; KWK-Anlage in Kombination mit einem elektrischen Wärmeerzeuger, dessen thermische Leistung mindestens so hoch ist wie die thermische Leistung der KWK-Anlage), passen zum Ausbau der Stromerzeugung aus fluktuierenden erneuerbaren Energien. "Die Zahl der Volllaststunden der KWK-Anlagen sinkt zwar im Vergleich zu heute deutlich, aber sie liefern dann auch besonders wertvollen Strom. In Überschusszeiten kann mit Strom aus Erneuerbaren zum einen Wärme mittels der »Power-to-Heat«-Komponenten der KWK-Systeme bereitgestellt werden, zum anderen können die Stromüberschüsse mit »Power-to-Gas«-Technologien genutzt werden, um Brennstoff für die zuvor mit Erdgas betriebenen KWK-Anlagen regenerativ zu erzeugen", heißt es in der Studie weiter.

Die KWK positioniert sich als flexibler Partner

Damit bekommt die KWK eine dauerhafte Perspektive auch und gerade in einem vollständig dekarbonisierten Energiesystem. Die vorhandene Gas-Infrastruktur und die daran gekoppelten Speicherkapazitäten, die auch einen saisonalen Ausgleich zulassen, werden Bestandteil dieses künftigen Energiesystems sein – dasselbe gilt für Wärmenetze. KWK-Anlagen können sowohl im kommunalen als auch im privaten und gewerblichen Bereich einen wichtigen Anker für die Energie- und Klimapolitik bilden.

Referenzen dafür, dass das hier Gesagte und Geschriebene auch im "Reallabor" funktioniert, gibt es selbstverständlich. Und die gesamte KWK-Branche ist gut beraten, mehr hierüber zu sprechen (Stichwort: Emotion)! Eine sehr beeindruckende Leistung steht zum Beispiel in Zürich-Leimbach: Hier leben im "Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft" elf Parteien und setzen in Sachen Energie- und Gebäudetechnik auf – Achtung: Überraschung! – ein Miteinander aus bio-/erdgasbetriebenem Blockheizkraftwerk, Sole/Wasser-Wärmepumpe und gebäudeintegrierter Photovoltaik. Mit E-Gas/Biogas als Energieträger, dem Erdgasnetz als Speicher, der "Power-to-Gas"-Technologie sowie dem KWK- und Wärmepumpen-Prinzip kann das Haus sogar im Winter Strom ins Netz abgeben – zu jeder Jahreszeit stehen, nach Aussagen der "Umwelt Arena Schweiz", erneuerbare Energie für Wohnen und Leben, aber auch Strom und E-Gas/Biogas für den Betrieb von Elektro- und Gas-Fahrzeugen (erneuerbare Mobilität) zur Verfügung. Sprich: Der Überschussstrom, der am Gebäude anfällt, wird extern in E-Gas "verwandelt" und zur Speicherung ins Gasnetz eingespeist. Im Winter wiederum nutzt die KWK-Anlage im "Zukunftshaus" dieses produzierte und gespeicherte Gas. Steht dagegen an einem sonnigen Wintertag genügend Solarstrom zur Verfügung, wird dieser direkt von der Wärmepumpe verwertet und so wertvolles E-Gas für "schlechtere Zeiten" gespart. Da kann man nur sagen: Respekt für dieses Projekt und die Menschen dahinter, die ganz offensichtlich jenseits der "altgedienten Schubladen" denken!

Also: Die Karten und Trümpfe liegen auf dem Tisch. Gehen Sie es in Ihren kommenden Projekten bitte systemorientiert und technologieoffen an!

Der HeizungsJournal-Verlag bedankt sich bei den Experten für Ihre Teilnahme und die engagierte Diskussion!

Von Jörg Gamperling
Chefredaktion HeizungsJournal
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