Wärme

Eine Frage des Gewissens

Dienstag, 11.05.2021

Favorisiert die EHPA oder auch Brüssel aus Gründen der Preisdegression eine bestimmte Wärmepumpentechnologie?

Nein. Die verschiedenen Wärmepumpentechnologien sind per se hocheffizient. Dies wird durch den Effizienzwert Eta(s) belegt. Er dient zum Vergleich und zur Tabellierung der Primärenergieeffizienz verschiedener funktionsäquivalenten Technologien. Die Wärmepumpe steht hier ganz oben, an erster Stelle eine gute geothermische Wärmepumpe, sehr eng gefolgt von sehr guten luftbasierten Systemen. Wärmepumpen dürfen nicht auf den Markt gebracht werden, wenn sie bei 55 °C nicht mindestens einen Effizienzwert Eta(s) von 115 erreichen. Es gibt keine Bevorzugung, aber es gibt eine klare Aussage, was energetisch besser ist als anderes.

Lassen Sie uns noch einmal auf die Preissituation zu sprechen kommen. Wie beurteilen Sie die?

Heute sind Wärmepumpen noch teurer als fossile Heizungen, zumindest wenn ich den direkten Austausch eines alten Kessels mit einem neuen System betrachte. Mit steigendem Absatz werden Skaleneffekte die Situation verbessern. Mit einer Verdopplung der installierten Menge sinken die Kosten leicht um 20 Prozent. Wenn wir den Markt vielleicht bis 2025 verdoppeln, was nicht unrealistisch ist, und dann noch einmal bis 2030, hätten wir in der Herstellung einen Degressionseffekt von 36 Prozent. Nun arbeitet die Industrie auch an kompakteren und damit weniger materialintensiven Produkten. Und dann lassen sich diese Systeme auch schneller einbauen. Es könnte also auch ein stärkerer Effekt werden. Dann muss man bei einem Kostenvergleich sehen, dass die fossilen Heizungstechnologien besser abschneiden, weil ihr Energieträger seine Folgekosten nicht bezahlt. In Deutschland ändert sich das gerade mit der CO2-Bepreisung. In anderen Ländern ist das noch nicht soweit. Sieht man die Gesamtkostenperspektive, liegt die Wärmepumpe schon heute auf dem Niveau fossiler Heizungssysteme.

Für alle leistbar

Leider geben die persönlichen Investitionskosten und nicht die sozialisierten Schadensbeseitigungskosten den Ausschlag. Selbst das Argument, mit der Wärmepumpe kaufst du schon für die nächsten 20 Jahre 80 Prozent deiner Energie, hilft nicht weiter, wenn der Häuslebauer 10.000 Euro mehr auf den Tisch legen muss. Eine nachhaltige Wärmeversorgung muss ihm leider ein persönliches Anliegen sein.

Anders als in Belgien und Dänemark müssen Sie in Deutschland für das effizienteste System, das Sie kaufen, am Ende noch mehr bezahlen. In vielen Ländern genügt eine Effizienz von drei bis dreieinhalb, um brennstoffseitig pari mit den Fossilen zu sein. In Deutschland müssen sie weit über vier erreichen. Das war übrigens vor zehn Jahren noch anders. Da lag der Strompreis weit unter dem heutigen Niveau und die Einsparungen trugen über die Laufzeit die höheren Investitionskosten, beziehungsweise hätten sie getragen, wäre der Preis stabil geblieben. Tatsächlich steht der leider im Vordergrund. Ich gebe Ihnen aber Recht, kaum ein Mensch macht sich die gleichen Gedanken, wenn er ein Bad oder eine Küche kauft. Trotzdem: Umweltfreundlichkeit muss für alle leistbar sein. Einem Haushalt, der das Geld nicht hat, muss der Staat helfen. Die Bundesförderung geht bereits in die richtige Richtung. Hinzukommen sollten Programme zur Heizungsmodernisierung im sozialen Wohnungsbau. Die öffentliche Hand trägt ja hier oft die Heizkosten. Jetzt, wo Geld günstig verfügbar ist, könnte sie die Situation nachhaltig verbessern und damit langfristig ihre Energiekosten senken.

Die deutschen und die europäischen Hersteller müssen sich bei einem prosperierenden europäischen Wärmepumpenmarkt vor zu erwartenden Offensiven aus Fernost wappnen. Die EHPA ist aber kein Speer dagegen, wie aus ihrer Mitgliederliste hervorgeht. Darin findet man auch Japaner.

Unsere Mitglieder müssen in Europa registriert sein, das ist Voraussetzung, weil sie so zeigen, dass sie sich für den europäischen Markt interessieren. Und dann ist es meist so, dass hier nicht nur ein Büro existiert, sondern auch Verwaltung und Fertigung. Kann man wirklich behaupten, dass ein Unternehmen, das seinen europäischen Hauptsitz im belgischen Oostende und Fertigungsstätten in der Tschechischen Republik, in Italien, in der Türkei und in Deutschland hat, nicht europäisch ist? Wenn Sie sich eine Standard-Wärmepumpe anschauen, dann sprechen wir sowieso von einer globalen Wertkette.

Weiterführende Informationen: https://www.ehpa.org/

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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