Das Resultat daraus war, dass für kleine Wohnungen teilweise zu hohe und energetisch nicht sinnvolle Abluftvolumenströme erforderlich waren, um DIN-gerecht zu lüften. Die neue DIN 1946-6 wirkt diesem Problem entgegen, da die Abluftvolumenströme auf das 1,2-fache der Flächenanforderung begrenzt wurden.
Bei dezentralen Lüftungssystemen, welche als Einzelraum-Lüftungsgeräte definiert sind (auch alternierende Systeme), werden die erforderlichen Volumenströme ausschließlich über die "Flächenformel" bestimmt. Die Auslegung der Ablufträume erfolgt dann nach Tabelle 16, welche die notwendigen raumweisen Abluftvolumenströme vorgibt. Die raumübergreifende Wirkung von Einzelraum-Lüftungsgeräten wird in der neuen DIN 1946-6 durch die Aussage anerkannt, dass es energetisch sinnvoll sein kann, mit dem Lüftungsgerät mehr als einen Raum zu belüften. Dezentrale Lüftungsgeräte können dabei als Zu-/Abluftsysteme, aber auch als kombinierte Systeme ausgelegt werden.
Herr Reich, eben haben Sie das Kapitel 9 der neuen DIN 1946-6 erwähnt. Können Sie dieses bitte noch etwas genauer definieren?
Das Kapitel 9 über kombinierte Lüftungssysteme wurde hier komplett neu eingeführt. Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Kombinationsmöglichkeiten zwischen freier und ventilatorgestützter Lüftung oder auch verschiedene Kombinationen von ventilatorgestützten Lüftungssystemen. Aufgrund der vielen Kombinationsmöglichkeiten wird in der Norm eine grundsätzliche Herangehensweise vorgeschlagen. Hierbei werden verschiedene Lüftungsbereiche definiert.
Anhand der Kombinationen können sich getrennte oder überlagernde Lüftungsbereiche ergeben. Diese unterscheiden sich dadurch, ob eine Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Lüftungssystemen vorliegt oder nicht. Je nachdem muss dann die Auslegung entsprechend der Systeme erfolgen.
Außerdem wird die Hybridlüftung beschrieben, bei der zwei Lüftungssysteme zeitlich versetzt oder unterstützend arbeiten. Das kann beispielsweise ein Ventilator im Lüftungsschacht sein, welcher nur eingeschalten wird, wenn der thermische Auftrieb zu niedrig ist.
Ist die neue DIN 1946-6, Ihrer Meinung nach, dadurch näher an der Praxis als vorher?
Grundsätzlich denke ich schon. Sie gibt meiner Meinung nach mehr planerischen Spielraum als vorher. Man kann einfach abschätzen, ob eine lüftungstechnische Maßnahme benötigt wird oder nicht. Und mit dem Kapitel zu kombinierten Lüftungssystemen, dem besagten Kapitel 9, können viele in der Praxis angewandte Kombinationen auch normativ beschrieben werden.
Leider gehen die Anforderungen an die einzelnen Systeme meiner Ansicht nach zu weit auseinander. Auf der einen Seite erlaubt die Norm die Auslegung von freien Systemen zum Feuchteschutz, zwingt aber andererseits ventilatorgestützte Systeme immer zur Nennlüftung.
Es kann also passieren, dass die Entscheidung auf ein einfaches freies Lüftungssystem (wie z. B. Quer- und Schachtlüftung) fällt, welches nach den Vorgaben als normgerecht eingestuft wird, anstatt auf ein gegebenenfalls vereinfachtes, aber effizienteres ventilatorgestütztes System mit Wärmerückgewinnung, das eben nicht die Kriterien zur Nennlüftung aufweisen kann oder nur knapp darunter liegt. Im Vergleich zu den freien Lüftungssystemen sind ventilatorgestützte Systeme wesentlich kontrollierter und besser planbar, außerdem verringert sich der Anteil des Nutzereingreifens deutlich. Das bedeutet mehr Komfort für den Bewohner, aber gleichzeitig auch mehr Sicherheit für den Werterhalt des Hauses. Außerdem ist eine venilatorgestützte Lüftung eine zuverlässige Investition in eine gesunde Raumluftqualität.