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Erneuerbare Energien

BWP-Pressefahrt 2020 zeigt vielfältige Wärmepumpen-Objekte

Freitag, 08.01.2021

Das HeizungsJournal war mit von der Partie und stellt spannende Referenzprojekte ausführlich vor. Dieses Mal: Gotteshaus goes green.

Drei Menschen in der Klosterkirche Waghäusel.
Quelle: Bernd Genath
Per Erdwärmepumpe temperierte Umluft für die Klosterkirche Waghäusel.

Am Wallfahrtsort zur Mutter mit dem gütigen Herzen wurde 1640 das Kloster in Waghäusel gebaut. Die Ordensbrüder waren zum einen für die Betreuung der Wallfahrer und zum anderen für die Seelsorge in den umliegenden Gemeinden zuständig. Heute gehört die Seelsorgestelle St. Marien in Waghäusel mit der Wallfahrtskirche und der Filialgemeinde in Waghäusel zur Pfarrei St. Jodokus, Wiesental und zur Seelsorgeeinheit Waghäusel-Hambrücken. Vor 20 Jahren wurde hier eine Sole/Wasser-Wärmepumpe installiert, die etwa 2.500 m² Fläche beheizt.

"Man muss etwas wagen. Nur hält sich diese Bereitschaft mehrheitlich in Grenzen, natürlich auch bei den Kirchenbaumeistern. Dass sich vor 20 Jahren die Brüderschaft im Kloster Waghäusel traute, sich von einer Wärmepumpenheizung als Ersatz beziehungsweise als Ergänzung des in die Jahre gekommenen Ölkessels überzeugen zu lassen, dürfte damals ein Novum gewesen sein. Jetzt, nach 20 Jahren, kann man ganz klar sagen, die Installation hat sie nicht enttäuscht. Sie läuft nach wie vor und beinahe störungsfrei."

Michael Heiler, Geschäftsführer der MHK Wärme- und Kältetechnik in der Kreisstadt Waghäusel in der Nähe von Mannheim, gibt der Wärmepumpenanlage auf Basis von Geothermie in dem klerikalen Komplex noch eine lange Zukunft. "Wirtschaftlicher geht es doch gar nicht". Seine Hörer, Journalisten, die der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) im August 2020 zu verschiedenen Objektbesichtigungen eingeladen hatte, erfahren, dass 14 Sonden à 33 m die Wärmepumpe für die Luftheizung der Klosterkirche mit Erdwärme versorgen. In dieser Tiefe verzieht sich das erste von zwei Grundwasser-Stockwerken. Eine Abteufung der Sonden durch die fünf Meter dicke Lehmschicht, die beide Etagen voneinander trennt, hatte die Untere Wasserbehörde nicht zugelassen.

Eine elektrische Wärmepumpe statt Heizöl sollte es dennoch sein, weil die Brüder vom Gemeinsamen Leben schon damals die erkennbare Überfrachtung der Atmosphäre mit Emissionen nicht mit dem kirchlichen Auftrag, "zu bewahren, was den Menschen anvertraut ist", in Einklang sahen. Der Orden hatte 1999 die Verwaltung des Klosters von den Kapuzinern übernommen. Er predigt eine praktische Frömmigkeit. Anders als manch andere Abteigemeinschaft schottet er sich nicht in stiller Kontemplation weitgehend vom Umfeld ab, lebt aber schon in mönchtum-ähnlicher Eintracht zusammen. Als das Kloster Waghäusel 1640 im Fürstbistum Speyer entstand, sollte es durch sein Wirken vor allem ein Bollwerk gegen die Ausbreitung der Reformation sein. Später zogen die Kapuziner ein und ließen einen Ölkessel nebst Warmluftheizung für den Kirchenraum einbauen. Die Installation arbeitete mit einem direkt befeuerten Wärmeübertrager: Das Heißgas des Ölkessels umflutete die von Luft durchflossenen Rohrbündel und die quoll mit einer Temperatur von bis zu 70 °C in das Kirchenschiff ein.

Wärmepumpe und Warmluftheizung

Die Station Waghäusel auf der Pressefahrt des BWP im Rhein-Neckar-Dreieck sollte denn auch zeigen: Und es geht doch! Nämlich die Beheizung von Großräumen mit Wärmepumpe und Warmluft. Die Verbreitung solcher Systeme hält sich in Grenzen. Nach Michael Heiler vor allen Dingen wegen des mangelnden Vertrauens in solch eine Konfiguration. Wärmepumpe assoziiere man ganz einfach mit Niedertemperatur-Flächenheizung. Es sei sehr schwer, Entscheidungsträger von der Nachhaltigkeit solch einer Ausführung zu überzeugen. Das gelte auch für die Bauausschüsse der Kirchengemeinden. Doch sei ihm das ein zweites Mal bei den Protestanten im benachbarten Neulußheim gelungen. Dort wickelte sein Betrieb 2005 einen Auftrag über eine Grundwasser/Wasser-Wärmepumpenanlage sowohl für das neue Gemeindehaus mit Pfarrwohnung als auch für die Neobarock-Kirche nebenan ab – mit Fußbodenheizung für den Neubau und Warmluft via Wärmeübertrager für das Gotteshaus.

In Waghäusel hatte nicht nur der 300-kW-Ölkessel seine Nutzungszeit hinter sich. Undichtigkeiten traten auch immer wieder am mit Heißgas beaufschlagten Luft-Wärmeübertrager auf, mit Stickoxidbelastungen des Aufstellraums im Gefolge. Michael Heiler entschloss sich im Verbund mit dem Kirchenbaumeister für eine bivalente Anlage. Wobei Bivalenz nicht genau den Punkt trifft. Die beiden Wärmeerzeuger teilen sich nämlich die Aufgaben: Der im Jahr 2000 erneuerte Ölkessel, der heute immer noch Dienst tut, gewährleistet den Wärmekomfort über eine normale Wasserheizung in den Verwaltungs- und Gästezimmern des Komplexes und die Wärmepumpe neben ihm die ausreichenden Temperaturen im Kirchenschiff. Die 300 kW Heizleistung der Altanlage erschienen dem Anlagenbauer aber als absolut überdimensioniert. Für die Klosterkirche mit fast ein Meter dicken Mauern und für den Gäste- und Verwaltungstrakt kalkulierte er einen Wärmebedarf, der weit unter 100 kW liegen müsste; 30 kW für die Wärmepumpe und 100 kW für den Kessel müssten absolut genügen. Um das gleich vorwegzunehmen, die 20 Jahre Betrieb bis heute gaben und geben ihm Recht. Es traten nirgendwo Wärmedefizite auf.

Konkret sieht das Anlagenschema so aus: "Die Pufferspeicher sollten mindestens eine Stunde lang die Kirche sozusagen autark mit Wärme versorgen. Wir müssen die Kapelle ja nicht den ganzen Tag voll beheizen. Deshalb darf auch die Wärmepumpe relativ klein sein, weil sie ausreichend Zeit hat, die Behälter für den Gottesdienst zu beladen. Wir stellten zwei 1.500-l-Speicher in die Katakombe. Die Aufsplittung deshalb, weil das Gewölbe nicht mehr Platz hergibt. Die Speicher beschicken den Wasser/Luft-Wärmeübertrager. Sie sind über eine 100 m lange Vor- und Rücklaufleitung im Erdreich mit der Wärmepumpe im Nachbargebäude verbunden."

Den Wärmeübertrager dimensionierte MHK auf einen Umluftdurchsatz von bis zu 7.000 m3/h. "Aber, und das war uns eine Lehre aus der Altanlage, die Wärmepumpen-Wassertemperatur beträgt maximal 50 °C. Das heißt erstens, die thermische Belastung der Platten hält sich in Grenzen. Das heißt zweitens, bei einer Austrittstemperatur der Warmluft von rund 40 °C schichtet die sich relativ stabil im Kirchenraum. Sie steigt aus den Bodenauslässen nicht direkt nach oben und heizt die Kuppel." Das war das Problem der Altanlage, die blies 70 °C heiße Luft aus. "Deshalb brauchte die allein für den Gottesdienst wahrscheinlich schon 100 kW und mehr, weil sich nichts schichtete. Heute temperieren wir mit maximal 40 °C und maximal bezieht sich auf die kältesten Tage im Winter. Mehrheitlich genügen 25 oder 30 °C, wie aus den Messungen hervorgeht. Da hält sich die Thermik in Grenzen. Deshalb kommen wir ja mit weit weniger Leistung aus als der Vorgänger", erklärt der MHK-Geschäftsführer den wesentlich geringeren Energieverbrauch. Der betrug früher 30.000 Liter Heizöl pro Jahr, gegenüber aktuell 8.000 Liter, plus Strom für die Wärmepumpe. Die Fläche des Plattenwärmeübertragers ist doppelt so groß wie die des vormals direkt befeuerten Rohrbündelwärmeübertragers. "Das geht natürlich nicht anders. Entweder eine niedrige Temperatur und große Tauscherflächen oder Heißluft und weniger Fläche."

Eine geothermische Wärmepumpe und ein 100-KW-Ölkessel.
Quelle: Bernd Genath
Eine geothermische Wärmepumpe (30 kW) und ein 100-KW-Ölkessel, beide Wärmeerzeuger von Viessmann, teilen sich die Beheizung des Klosters. Die Wärmepumpe ist für das Kirchenschiff zuständig, der Ölkessel für den Gäste- und Verwaltungstrakt.

Ein Mann steht neben einer Wärmepumpe.
Quelle: Bernd Genath
"Leider misstrauen die kirchlichen Bauherren noch vielfach der Wärmepumpe", so Michael Heiler, Gründer und Geschäftsführer der MHK Wärme- und Kältetechnik GmbH.

Grüner Strom für den Betrieb

Wie sieht es mit dem COP der Wärmepumpeninstallation aus? "Der liegt im Mittel bei 3,8. Im Winter geht er herunter auf 3,0 oder 3,2. In der Übergangszeit klettert er auf 4,5 und mehr. Mit diesem Mittelwert ist unser Auftraggeber sehr zufrieden. Der bedeutet einen wesentlich geringeren Schadstoffausstoß gegenüber der Zeit vor 2000, als wir mit der Sanierung begannen." Auf den Umwelteffekt legte die Brüdergemeinde großen Wert. Wie gesagt, die Auflage, "zu bewahren", ist ihr ein Anliegen. "Deshalb bestellt sie auch ausschließlich grünen Strom. Die CO2-Bilanz verändert sich dadurch drastisch", unterstreicht Michael Heiler.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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