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KWK

Blockheizkraftwerk generiert Mehrwert – so geht Sektorenkopplung

Freitag, 10.05.2019

Aufs falsche Pferd gesetzt

In das BHKW-Geschäft stieg KWM Energie & Umwelt vor gut zehn Jahren ein. Absolutes Neuland war Kraft-Wärme-Kopplung für den Betrieb insofern nicht, als zu DDR-Zeiten bereits in Magdeburg mit der "SKL" ein in Ostdeutschland führendes Werk, respektive Kombinat, für Generatoren und Wärme-Kopplungs-Anlagen existierte. Winkler kam in jenen Jahren mit den Maschinen in Kontakt. Über einen ehemaligen "SKL"-Mann stieß er nach seiner Orientierungsphase nach der Wende wieder auf die KWK und entdeckte die Vorzüge.

"Nur setzte ich damals auf das falsche Pferd. Ich wählte das Produkt eines bekannten Notstromaggregat-Herstellers, der gerade selbstentwickelte Klein-BHKW auf den Markt brachte, weil er sich sagte: Wer Notstromaggregat kann, kann auch KWK. Das Unternehmen ging später in die Insolvenz, unter anderem deshalb, weil es nicht KWK konnte. Ich habe zehn Maschinen installiert und zehn Mal teuer dazulernen müssen. Nichts war beständig, weder der Motor, noch die Elektrik, noch die anderen Komponenten. Ein oder zwei Einbauten schleppe ich heute noch als Hypothek durch die Bücher. Ich hatte mir die preiswertesten Typen ausgesucht und wie das so im Leben ist, kann preiswert mitunter sehr teuer sein."

Das sei jetzt aber im Prinzip abgehakt. "Den Schwenk zu EC Power machten wir wegen der Qualität, die sich in Fachkreisen herumgesprochen hat, wegen des niedrigen Wartungsaufwands – das Wartungsintervall beim »XRGI 9« beträgt 10.000 Stunden – und wegen der Leistungspalette. Gerade dieser mittlere Bereich ist jener, mit dem Sie die Kunden überzeugen können. Kleinaggregate, wie die unseres ersten Lieferanten mit 4 kWel, spielen nicht den Ertrag ein. Für die Kunden entscheidet nicht die Umwelt. Die wollen wissen, was zwischen Daumen und Zeigefinger übrig bleibt und was Mehrwert schafft. Alles andere interessiert sie nicht oder nur wenig", stellt Winkler klar. Nebenbei, ein weiterer Qualitätsindikator dürfte der sein, dass der Systemtechnikhersteller Buderus und neuerdings auch Vaillant, nach Einstellung der eigenen BHKW-Produktion, EC Power-BHKW verkauft bzw. empfiehlt. Ebenso wie die Handelshäuser der GC-Gruppe.

Für den geringen Wartungsaufwand hat Sohn Toni Winkler, heute Mit-Geschäftsführer und mittlerweile der Spezialist für die "XRGI"-BHKW, einen überzeugenden Grund: "Sehen Sie, der Markt ist ja nicht so riesig. Wenn der sich auf viele Hersteller verteilt, entfallen auf den einzelnen nur ein paar 100 Maschinen. Wegen des Wettbewerbs lässt der Ertrag daraus nicht zu, erheblich in Forschung und Entwicklung zu investieren. EC Power dagegen ist Marktführer in seinem Bereich. Von den Maschinen mit 6 bis 20 kWel arbeiten einige tausend in Deutschland und Europa. Da fließt ein Feedback ins Werk und es ist offensichtlich Geld da, um darauf zu reagieren."

Toni Winkler
Quelle: Bernd Genath
"Der Leasingvertrag für ein »XRGI« ist ein Mietvertrag. Er erscheint also nicht in der Bilanz, berührt mithin nicht die Bonität. Verglichen mit den Kosten für Gewerbestrom bleiben zum Schluss, wenn alles bezahlt ist, sogar noch 1.000 oder 2.000 Euro übrig", so Toni Winkler von KWM Energie & Umwelt.

Das sehe man Jahr für Jahr an den Detailverbesserungen der einzelnen Komponenten. "Aktuell wurden gerade die Wärmeverteiler noch mehr auf die Anforderungen zugeschnitten. Alles ist intelligent und modular aufgebaut. Darüber hinaus kommen sie aufgrund des Baukastensystems in jeden Keller hinein, was sich ganz besonders bei Bestandsmaßnahmen auszahlt. Wie gesagt, wenn man mittlerweile einige tausend Maschinen unters Volk gebracht hat, weiß man, wie man zu bauen hat. Das sieht man auch an der Modulationsfähigkeit. Die meisten Wettbewerber fahren einstufig. Erst ab 50 oder 100 kWel lassen deren Maschinen eine gleitende Fahrweise zu."

"Smart Grid"-fähig ab 7 kWel

Nach Vaters und Sohns Ansicht könnte das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG), das 2016 in Kraft getreten ist, zusätzliche Marktimpulse geben. Das bezieht sich auf "Smart Grid" und "Smart Metering", auf intelligente Netze und intelligenten Verbrauch, die das Gesetz verordnet: Verbrauch dann, wenn der Strom am preiswertesten ist. Das tariforientierte Einschalten der Elektrogeräte und -maschinen bis hin zur Wärmepumpe gilt als einer der Schlüssel zur Energie- und Wärmewende.

Nur besteht die in Deutschland bekanntlich mehr in Absichtserklärungen und fernen Zielsetzungen der Regierenden als in konkretem Handeln. Während andere EU-Staaten den flächendeckenden Einsatz von "Smart Metern" vorbereiten oder teilweise schon vollzogen haben, hatte hierzulande bis Ende 2018 das zuständige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) noch kein einziges Gateway – eine Art notwendiges Modem für "Smart Metering" – zertifiziert. Die Behörde schiebt die Verspätung auf den Datenschutz, der hier einfließt. Doch soll der "Rollout" solcher amtlich geeichten Kommunikationseinheiten jetzt starten.

Für die KWK heißt das: Sie muss ab diesem Jahr ab 7 kWel gateway- beziehungsweise "Smart Grid"-fähig sein, um mit gezieltem Ein- und Ausschalten durch die Netzbetreiber zur Netzstabilisierung beitragen zu können. Die variierende Einspeisung von Wind- und PV-Strom zwingt dazu, in erheblichem Maß positive (Einspeiser, Erzeuger) wie negative Regelenergie (Ausspeiser, Verbraucher) in die Elektrizitätsversorgung einzubinden. KWK bietet sich für beide Formen des Belastungsausgleichs an. Damit wird sie von den Engpässen im Netz preislich profitieren.

Leasing erwirtschaftet Überschuss

Horst Winklers Credo, individuelle Systemlösungen zu erarbeiten statt Produkte zu verkaufen, schließt übrigens Konzepte zur Finanzierung ein: "Wenn Sie einem sanierungswilligen Kunden sagen, die Zweier-»XRGI«-Kaskade kostet je nach Typ komplett 60.000 oder 80.000 Euro, legt der erst einmal die Stirn in Falten. Wenn Sie ihm dann aber sagen, die müssen Sie nicht vorstrecken, wir empfehlen Ihnen zu leasen, ist die Welt plötzlich eine andere – die monatliche Leasingrate liegt unter den Stromeinsparungen und die Zahlungen gehen auch nicht in die Bilanz ein, weil es sich gegenüber einem Bankkredit um einen Mietvertrag handelt."

Überschlägig sieht die Rechnung so aus: Ein "XRGI 15" mit 15 kWel kostet nach Abzug der BAFA-Förderung rund 30.000 Euro. Die Leasingrate dafür liegt bei etwa 5.000 Euro pro Jahr oder um 400 Euro monatlich. Die Einsparungen von 10 Cent/kWh (gegenüber Gewerbe-Netzstrom) summieren sich bereits bei 5.000 Vollbetriebsstunden, ergo 75.000 kWh/a, auf 7.500 Euro/a. Das meint der KWK-Spezialist mit "Geschenke, die unbegreiflicherweise nur wenige auspacken. Geschenke in Höhe von immer noch 1.000 oder 2.000 Euro, wenn ich die Gasrechnung auf 1/3 Strom und 2/3 Wärme aufteile".

Ein
Quelle: Bernd Genath
Bei den "XRGI"-Typen von EC Power sind die einzelnen Funktionen, wie Wärmeverteilung (im Bild) und Elektronik, in separaten Modulen untergebracht. Das erleichtert das Einbringen im Keller, das reduziert den Platzbedarf und das lässt zu, die empfindliche Elektronik abseits der Wärme abstrahlenden Maschine anzubringen. Das Kühlwasser des BHKW zirkuliert durch die Frischwasserstation für die Warmwasserversorgung der Sanitärräume. Der Motor des "XRGI" profitiert davon, da der relativ kühle Rücklauf aus der Frischwasserstation einer Überhitzung vorbeugt.

Ein Wermutstropfen: Diese Variante gestattet das Immobilienrecht nur für die Sanierung. Weil eine Heizungsanlage fest zum Haus gehört, folglich nicht gemietet werden kann. In der Bestandsimmobilie ist aber in der Regel ein Wärmeerzeuger redundant vorhanden. "Der Zusatz »im Bestand« ist deshalb wichtig, weil die Gesetzgebung das Leasen von Heizungsanlagen für bewohnte Neubauten nicht zulässt, es sei denn über die Schleife Contracting. Denn Mieter und Mitarbeiter haben einen Anspruch auf Wärme. Deshalb gehört eine »unselbständige« Wärmeerzeugungsanlage zum wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes, weil sie seiner Funktion dient. Sie wird mit dem Objekt abgeschrieben", erklärt Holger Schallert von Schallert Financial Services. Seine Gesellschaft arbeitet als Makler im Leasingbereich schon seit einigen Jahren mit KWM Energie & Umwelt zusammen. Da die Bestandsimmobilie aber in der Regel über eine mit ihr fest verbundene Heizungsanlage verfügt, gilt im Sanierungsfall amtlich die KWK als selbständige Einheit – als Zubehör. Zubehör ist nicht dringend erforderlich, darf mithin gemietet, sprich geleast werden.

Der Leasing-Vertrag ist ein reiner Nutzungsvertrag: Nebenkosten, wie Wartung und Versicherung, bleiben beim BHKW-Nutzer. Die sind aber bereits in der genannten Einsparung von 10 Cent/kWh berücksichtigt. In Deutschland summiert sich der für KWK infrage kommende Bestand im Nichtwohnungsbau – Gewerbeobjekte, Hotels, Altenheime, Krankenhäuser, Büro und Verwaltung etc. – nach Schätzung der Immobilienwirtschaft auf etwa 4 Millionen Einheiten.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2017 weisen im Bestand nicht mehr als 42.900 Klein-BHKW bis 50 kWel aus, das heißt, die Branche hebt nur rund ein Prozent des Potentials. Laut Holger Schallert, ehedem im Vorstand des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK), Berlin, dürften von diesen Einheiten etwa 6.000 bis 8.000 geleast sein.

Er sieht den Grund für die generell geringe Verbreitung und die angekoppelte niedrige Leasingquote "am fehlenden Marketing. Und das in einer Zeit, wo alle über Feinstaub, Kohle, Dieselabgase reden. Das Kundenpotential kennt einfach die Kraft-Wärme-Kopplung nicht. Und nicht die nachweisbaren Betriebskosteneinsparungen, ohne jegliche Investition. Hinzu kommen zudem noch bei einer Betrachtung über zehn oder zwölf Jahre die erheblichen Mehrerträge nach Ablauf des Leasingvertrags."

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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